Arbeitertabak


Arbeitertabak

Arbeiter benötigen Rauchpausen, um sich legal, eine Verschnaufpause gönnen zu können. Die Verschnaufpause ist wichtig für den kreativen Arbeitsprozess von Handwerkern in ihrer 90-Stunden-Arbeitswoche.

Arbeiter an automatisierten Bändern benötigen das nicht. Sie müssen kaum denken.

Das trifft auch auf sture Beamte zu. Die rauchen aber trotzdem. Sie dürfen das in ihrer 40-Stunden-Woche und beim Spazierengehen am Wochenende.

Arbeiter können sich Tabak nicht mehr kaufen.

Also, gehen sie Kräuter sammeln und rauchen die. Alle Ureinwohner der Welt, haben ihre Medizin geraucht.

Das hat geholfen.

Pillen, Drogen, Tee und Tropfen, gab es erst viel später. Das hilft etwas seltener und oft mit Nebenwirkungen.

Um Kräuter rauchen zu können, müssen sie gesammelt, getrocknet und etwas fermentiert werden.

Die meisten Kräuter benötigen eine kurze Fermentierung. Einige Kräuter mit etwas strengerem Laub, müssen länger fermentieren.

Es gibt auch Baumlaub, das geraucht werden kann. Zu erwähnen wäre Wein, Birke, Feige und Haselnuss. Die jungen Blätter sind am interessantesten.

Bei Kräutern wären zu erwähnen, Brennnessel, Taubnessel, Pfefferminz, Melisse.

Ein Raucher raucht pro Jahr, um die fünf Kilogramm getrocknete Kräuter.

Geschnitten werden die Kräuter in Streifen mit Nudelmaschinen.

Zu Tabak verarbeitet, wiegen die Kräuter etwa sieben Kilogramm.

Tabak wird trocken geraucht. Man sollte eine Feuchtigkeit von drei bis sechs Prozent anstreben. Das ist sehr trocken, fast dürr. Ist der Tabak feuchter, bildet er mehr Kondensat. Das sind die gelben Gardinen.

In dem Zustand wird er auch geschnitten.

Erst dann wird er im Sprühverfahren, fermentiert.

Befeuchtet wird Tabak nur mit Alkohol. Am besten, Rum. Der Rum kann mit Vanille oder anderen Aromen zusätzlich fermentiert werden.

Tabak, der mit Wasser/Wein/Saft befeuchtet wird, schimmelt.

Ich wünsche unseren Köchen eine gesunde Rauchpause.

Übrigens:

Ich rauche seit fast zehn Jahren Kräuter.

Die haben kein Nikotin. Deshalb lache ich, wenn mich Kollegen als nikotinsüchtig bezeichnen.

Wir fahren wieder


Wir fahren wieder

Ab dieser Woche dürfen wir wieder fahren.

In der Gemeinde.

Unsere Gemeinde besteht aus drei Orten.

Eine Runde durch die Orte, bringt etwa fünf bis sechs Kilometer.

Für eine 50 Kilometerausfahrt darf ich also zehn Runden fahren. Das ist fast schon die Rennstreckenlänge des alten Sachsenring.

Um eine Runde außerhalb des Gemeindegebietes fahren zu dürfen, muss ich das Motorrad verkaufen und mir ein Fahrrad zulegen. Das kostet mittlerweile soviel wie ein Motorrad. Letztendlich ist es ein Motorrad, wenn es über eine Batterie und einen Hilfsmotor verfügt.

Um ein Motorrad fahren zu dürfen, werde ich angehalten, einen Vollschutz in Form eines Helmes (Maske) zu tragen. Zusätzlich benötige ich Handschuh, Kombi (Textil oder Leder). Spucken, niesen, husten ist nur unter der Maske (Vollhelm) möglich.

Um ein Fahrrad fahren zu dürfen, genügt eine Turnhose und ein paar Schuhe. Das Fahrradfahren ist mit Maske erlaubt, aber leider unmöglich. Deshalb fahren alle nackten Radfahrer ohne Maske. Dabei schwitzen, spucken, niesen und husten sie, ungeschützt.

Um zu wandern, genügt eine Turnhose, Schuhe, ein Zellulosefetzen mit Bezeichnung Maske für 7 Euro aufwärts. Das nennt sich Schutz.

Sie sollen Alles mit Handschuhen angreifen und Anderen keine Hand geben. Die Infektion ist aber keine Schmierinfektion.

Lieber Gott, lass Gras wachsen. Die dummen Rindviecher werden immer mehr:-))

Tag 75


Tag 75

Joana weckt mich. Wir stehen wieder zusammen auf. Heut ehat Joana schon den Kaffee gemacht. Wir reden etwas über Meran, die Stelle und über meine Hoffnung auf eine Ganzjahresstelle. Joana sagt, ich soll mir keine Hoffnung machen.

Nach dem Kaffee gehen wir zusammen zu Marlies. Heute steht Alfred zusammen mit Dursun bei Marlies. Die Mädels kommen mit uns. Wir begrüßen uns im Foyer. Den Kaffee vor der Arbeit trinken alle stehend. Keiner benutzt dafür den Pausenraum. Das Geschnatter ist trotzdem das gleiche. Es geht wieder über Blusen, Hosen, Röcke Kleider und Unterwäsche. Jetzt fehlt nur noch, die Mädels fangen an, ihre Unterwäsche direkt zu vergleichen. Dursun bekommt schon starre Augen. Ich auch. Die schönen prallen Hintern von Mira und Ahu sind immerhin einen Extrablick wert. Ich grade schon fast ins Träumen. Joana schaut mich scharf an.

Alfred fragt mich, wo ich den heute bin. Ich sage ihm, es wäre schon wieder ein neuer Betrieb. Er kann das nicht verstehen im Angesicht meiner Leistung, die ich bei ihm gelegentlich beweise.

„Das steht aber nirgends. Und die sind selbst zu faul, eine Beurteilung auszuschreiben. Sie verlangen eine und schreiben keine.“

„Fragst Du sie nicht danach? Die müssen Dir eine ausstellen.“

„Ich soll sie fragen, ob ich in der kommenden Saison wieder kommen darf. Ich bettele aber nicht um Arbeit. Entweder sie waren zufrieden mit mir und sagen das oder ich gehe. Den Gästen gehen sie doch auch auf den Geist mit der Frage: Hat‘s geschmeckt?“

„In dem Sinne haste schon Recht.“

„Sie sind dann böse und stellen kein Zeugnis aus. Ich habe auch schon direkt danach gefragt. Nichts. In diesen Kreisen macht sich eine überhebliche Frechheit breit, die Ihresgleichen sucht.“

„Das ist wohl eine passende Einschätzung. Ich wünsch Dir heute etwas mehr Glück.“

„Soll ich ehrlich sein? Ich bin mehr als skeptisch. Ich schätze, dort soll ich eine Vertretung machen.“

„Der Bäcker hat Euch Etwas mitgegeben“, sagt Marlies. Das fehlt gerade noch. Es sind drei Riesenmarmorkuchen mit Schokodecke. Marlies schneidet sie an. „Mei. Die sind ja noch saftig“, sagt Alfred. „Zu gut fürs Personal“, antworte ich ihm. Alfred lacht laut. „Meinen Leuten geht‘s gut!“

„Naja“, antwortet Dursun. Marlies klopft ihm auf die Schulter. „Du hast nix zu beklagen!“ Zack. Iss er ruhig. Es droht eine Sexsperre. Der Kuchen schmeckt spitze. So Ähnlichen habe ich schon mal aus unserem Gefriersortiment gegessen. Normal wird in den Alpen ein verdammt trockenes Marmorgebäck verjubelt. Ein Fürzchen kann so leicht zu einem Nebeleinbruch werden. Schade ums Geld. Die Hersteller solcher Backwaren müssten wir mit diesem Müll zwangsernähren. Ohne Begleitgetränke.

Dursun hat mir schon das Auto gestartet. Heute ist es etwas frischer. Er sorgt sich um meine Gesundheit. „Das ist eine Gewohnheit. Bei uns darfst Du ni krank werden. Da kostet eine Erkältung schon ein Vermögen.“

„Bei uns auch. Ich muss für einmal Stempeln, fast fünfzehn Euro drücken. Eine Überweisung und ich bin dreißig los. Frag mal Einen, der kein Geld bekommt, von was er das bezahlen soll.“

„Ich kenn‘ das.“

„Machs gut. Ich muss los.“

Ich treffe kaum Jemand auf der Straße. Die Fahrt heute wird ziemlich zügig gehen. Das bestätigt sich. In einer knappen Stunde bin ich schon in Algund. Vor dem Restaurant ist der Parkplatz frei.

Ich gehe hinein und die Chefin wartet mit einem Servicemann auf mich.

„Wir gehen gleich in die Küche. Heute gibt es als Arbeiteressen, Schnitzel. Wir machen das natur vom Schwein. Dazu einen Salatteller, eine Suppe und ein Dessert.“ Sie erwartet jetzt bestimmt einen Vorschlag. Dazu möchte ich erst Mal schauen, was da ist an Rohstoffen. Wir gehen ins Lager, ins Kühlhaus und schauen in die Gefriertruhen. Besonders sauber ist es nicht. Es riecht etwas. Nicht nach vergammeltem Essen. Nein. Es riecht nach abgestandenem Bier und Rauch. Der Betrieb wird schlecht belüftet. Wir würden Kneipe dazu sagen. Stelle ich jetzt die Lüftung der Küche an, wird es mir den Geruch von Draußen, reinziehen. Ich muss warten, bis meine Chefin draußen die Lüftung einstellt.

Nach dem Umziehen schreibe ich schnell das Menü. Wir haben heute:

Salatteller

Kartoffelsuppe

Linguine Pesto

Schnitzel in Röstzwiebelsugo, Pilaw, Grüne Bohnen

Bayrisch Creme in Kirschsauce

Eigentlich gibt es ein Dreigangmenü für das Arbeiteressen. Wir haben sozusagen, Wahlmöglichkeiten.

Als Erstes schalte ich die Bratplatte ein. Die Schweinskaiserteile liegen im Kühlhaus. Es ist deutsches Fleisch. Ich schneide und klopfe es. Inzwischen ist die Bratplatte warm. Wir erwarten Gäste für um die dreißig Arbeitermenüs. A la carte geht auch. Die Gäste können das Arbeitermenü als Tagesmenü ordern. In Dreigang und Fünfgang.

Im Pastakocher koche ich die Linguine vor. In einem Suppentopf setze ich die Kartoffeln an. Für sie Suppe brauche nicht zu viel. In drei Minuten sind die geschält, gewaschen und geschnitten.

Das Geschäft beginnt und die Gäste merken sofort, ein anderer Koch ist da. Leider weiß ich nicht, ob es ihnen recht ist oder nicht. Der Kontakt fehlt dem Koch. Für die Köche ist diese Zeit ein Blindflug. Wir müssen den Aussagen der Chefitäten glauben. Und genau das fällt mir in Südtirol schwer. Die erzählen es mir so, wie sie es brauchen; nicht, wie ich es benötige. Köche benötigen die Rückmeldung. In jedem Restaurant gibt es einige Stammkunden. In erster Linie möchten wir Köche die Stammkunden ansprechen und deren Verbrauchsgewohnheiten umsetzen. Köche können das. Sie müssen es nur wissen. Wenn ich als Koch deren Geschmack nicht treffe, liegt das in erster Linie nicht an mir. Ich kann den Geschmack oder die Gewohnheiten der Gäste nicht erraten. Und plumpes, „schmeckt nicht“, hilft da nicht.

Genau an dem Punkt sind wir nun angekommen. Ich benötige die konkrete Rückmeldung. Die kommt nicht. Jetzt müsste ich schlussfolgern, die Chefin liebt ihre Kunden nicht. Wenn sie Einen als Partner hat, wird sie ihm doch auch mitteilen, wie sie es gern hat. Das gewisse Extra. Und wenn das gewisse Extra zu kurz kommt, dann wird sie sicher wechseln.

Ich kann an gewissen Bemerkungen hören, ich vertrete einen Stammkoch, der sich gerade ein Extrafrei erstritten hat. Das wäre nicht das erste Mal. In dem Fall wird gelogen, bis sich die Balken biegen. Und das rotzfrech. Mich würde jetzt nicht wundern, wenn noch Aussagen zwecks Sauberkeit und Geschmack kämen. Die kommen nicht. Offensichtlich will die Chefin vermeiden, dass ich sie umgehend allein da stehen lasse.

„Wie lange geht es heute Abend?“

„Bis zehn Uhr.“

„Bis dann.“

Sie antwortet fast schon überfreundlich. Das wirkt nicht aufgesetzt. Es kommt vom Herzen. Machen wir uns Nichts vor. Ich möchte zwischendurch ein paar Cent verdienen. Und die Kollegen geben mir die Möglichkeit. Jetzt könnte ich verlangen, sie mögen das ehrlich tun. Es gibt bei uns in Südtirol irgendeine Kraft, die genau das verhindert. Wir DDR-Bürger sind das nicht gewohnt. Wir sind für ehrliche Verhältnisse und klare Aussagen. So sind wir erzogen. Im Laufe der Zeit, hat sich das bei mir als ein Hauptwiderspruch dargestellt. Komischerweise, reden die Unternehmer mit ihrem Klempner anders; intimer. Aber der kostet Geld. Er verdient ihnen den Lebensunterhalt nicht.

Draußen rufe ich Joana an und teile ihr mit, wann bei mir Feierabend ist.

„Du musst nicht unbedingt danach zu mir rauf kommen.“

„Aber morgen komme ich. Heute werde ich etwas müde sein.“

Die Zimmerstunde nutze ich gleich mal zur Stellensuche zu Hause. Gut. Eine Stunde Ruhe brauche ich dann doch. Mir zieht es die Augen zu.

Gegen halb Fünf fahre ich wieder runter nach Meran. Die Chefin steht hinter dem Tresen.

„Wann schläft die Frau? Hat sie keine Familie?“

Das Gastwirtsleben ist kein Leben für die Familie. Es ist ein Leben für den Kunden. „Wer nischt wird, wird Wirt“, ist ein Sprichwort. Komisch. Bei anderen Dienstleistungsberufen, wie zum Beispiel Friseur oder Verkäufer, sagt das niemand. Es ist Arbeit mit Menschen. Und genau das, scheint mir die wichtigste Arbeit zu sein.

Das Abendgeschäft konzentriert sich eher auf Getränke und mehr oder weniger, fröhliche Runden. Zum Essen kommt hier, unter der Woche, kaum Jemand. Essen ist hier Nebensache. Ein Blick auf die Karte verrät mir das. Trotzdem, auch wenn Essen hier eine Nebensache ist, muss es hier schmecken. Nur das Angebot wird auf normal und notwendig reduziert.

Diesen Abend koche ich um die zwanzig Spiegeleier mit Speck und Röstkartoffeln. Es gibt auch da Abwechslung. Beidseitig gebratene Spiegeleier zum Beispiel. Mit und ohne Speck. Ein Ei mehr oder weniger. Die Röstkartoffeln knusprig oder weniger knusprig, deutlich gewürzt oder nur mit Salz. Man könnte jetzt auswendig lernen, wer welche Speise, wie haben möchte. Vorausgesetzt, der Koch kennt den Gast persönlich oder der Übermittler der Bestellung, personalisiert sie. Das nennt sich dann, Stammkneipe. Das zweite Zuhause von Menschen, die entweder allein sind oder missverstanden werden.

Der Abend ist relativ schnell rum. Ich putze die Küche. Die Chefin bietet mir ein Feierabendbier an. Das lehne ich ab. Ich muss fahren.

Der Abend allein in der Wohnung ist trostlos. Ich glotze etwas Fernsehen und schlafe.

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