Tag 78
Ich werde geweckt. Nicht von Joana, sondern vom Zimmertelefon. Joana ist schon Unten. Reka hat die Telefonanlage neu programmiert, die mich wecken soll. Sie sagt mir, es sei eine Probe. Sie mussten die Anlage neu programmieren. „Der Kaffee wartet schon“, sagt sie zu mir und lacht.
Nach einer Katzenwäsche gehe ich schnell runter. Alle sind da. Heute ist ein Wechseltag. Für sämtliche Abreisen stehen Anreisen zu Buche. Die Zimmermädchen haben heute besonderen Druck.
Oft stehen die Anreisenden schon im Haus, während die Abreisenden noch bis Zehn im Zimmer sind. Wir üblich, gibt es auch da säumige Gäste. Die sind eben der Meinung, sie könnten bis Nachmittag im Zimmer bleiben. In so einem Fall räumt Dursun das Zimmer. Dursun weiß viel zu erzählen über solche Räumaktionen. Dursun ist aber weder ein Arzt noch ein Anwalt. Er steht nicht unter Schweigepflicht. Als Gast, der es auf so Etwas ankommen lässt, würde ich mir das vorher überlegen. Vor allem dann, wenn ich über undichte Ausscheidungsöffnungen verfüge oder es mit der Sauberkeit nicht so genau nehme. Wer sich also nach der Benutzung der Toilette nebst reichlich Toilettenpapier, ungewaschen auf das Bett setzt, zeigt das Dursun. Dursun und unsere Frauen müssen sich davon nicht mehr übergeben. Sie sehen es zu oft. Und selbst da, können sie Unterschiede zwischen einzelnen Völkern und Nationen erkennen. Und ausgerechnet die, welche Bürger anderer Nationen als Untermenschen oder Drecksvolk bezeichnen, haben die längsten Bremsspuren in der Bettwäsche. Ausgerechnet unsere italienischen und muslimischen Gäste, hinterlassen mehrheitlich, tadellose Bettwäsche. Oft denken unsere Zimmermädchen, die Zimmer wären nur kurz belegt oder gar nicht benutzt worden. Wir amüsieren uns immer wieder über Dursuns Geschichten. Ahu und Mira geben dazu auch kurze Kommentare. Genauer brauchen sie das nicht beschreiben. Der Bäcker würde denken, wir mögen seine Personalgaben nicht mehr. Zum Glück ist sonntags das Gebäck bereits verzehrt. Sonntagmorgen finden die Zimmermädchen und Dursun auch diverse Mageninhalte in den Betten und Bädern. Da bliebe das Gebäck stehen.
Mit den wirklich unterhaltsamen Frühstück im Bauch, fahre ich los. Ich befürchte einen recht strengen Verkehr. Die Befürchtung wird nicht erfüllt. Die Straßen sind leer. Fast wie Sonntagmorgen. Ab Naturns kommen mir erst Autos entgegen, die Skiausrüstungen auf dem Dach haben.
Zu Hause bin ich recht früh. Ich kann fast zwei Stunden ruhen. Ehrlich gesagt, brauche ich das auch. Ich fühle mich schlaff und verbraucht.
Zu Gunda fahre ich heute wieder mit dem Motorrad. Abends sind zwar Niederschläge angesagt, aber Schnee erwarte ich keinen. Es ist tagsüber zu warm für Schneefall.
Heute ist kein Tagesmenü vorzubereiten. Das passt. Wir sind kein Ausflugslokal. Ein paar Frühschoppler sitzen am Tresen. Sonst ist das Lokal ziemlich leer.
Küchentechnisch ist eigentlich Nichts vorzubereiten. Selbst Salatteller würde ich erst auf Abruf herstellen. Ich koche ein paar Pellkartoffeln. Gunda hat feine Pustertaler Kartoffeln mitgebracht. Die liegen etwas zu warm neben der Kühlzelle. Ein Fünf-Kilo-Säckchen koche ich, bevor sie anfangen zu keimen. Ein paar Karotten könnte ich noch schälen. Als Vorbereitung für Salat oder als Gemüsebeilage für Montag.
Das Mittag geht schnell rum. Wir verkaufen drei Spiegeleier und ein Wiener Schnitzel mit Pommes. Kaum ist das Mittag vorbei, kommt Dora. Sie bleibt bis zum Feierabend über Nachmittag. Sie hat Kuchen mit. Wahrscheinlich verkauft Gunda am Samstag Nachmittag etwas Gebäck. Ich verabschiede mich bis zum Abendservice. Selbst diese vier Wege von zu Hause zur Arbeit und zurück, kosten mich ohne den Weg nach Nauders, pro Tag, Benzin für fast vierzig Kilometer. Das sind drei Euro. Pro Monat wären das zwischen siebzig und achtzig Euro. Die Kosten inklusive Steuern, bezahle ich von einem Lohn, den ich schon versteuert habe. Und das zu Gunsten einer Firma, für die ich arbeite.
Im Fernsehen kommt alpiner Skisport. Ich stelle die Wecker und schlafe ein bei der Übertragung. Zu Essen gibt es nichts.
Gegen halb Fünf weckt mich wieder der Wecker. Langsam wird mir der Tagesablauf zu eintönig. Schlafen, Fahren und Buckeln. Am Montag geht es nach Schenna. Mal sehen, was es dort gibt. Ich erwarte etwas Abwechslung. Sonst nichts.
Das Abendgeschäft schien mir etwas interessanter zu werden. Im Gastraum saßen um die zwanzig Gäste, die ich noch nicht gesehen habe. Ich dachte, die bleiben zum Essen. Irrtum. Zehn Minuten später brechen sie auf. Neben ein paar Wiener- und Naturschnitzeln mit Pommes und Röstkartoffeln, verkaufe ich zwei Speckbrettln. Das war mein Abendgeschäft. Ehrlich gesagt, ist der Erlös bei Spiegeleiern etwas höher.
Gunda dankt mir und Dora möchte die Küche allein putzen. Sie schicken mich nach Hause. Es ist ziemlich spät. Bei einer Stunde Fahrt, schaffe ich es noch vor Zwölf.
Zu Hause angekommen, rufe ich Joana an. Sie verbietet mir zu fahren. Mir bleibt also ein einsamer Fernsehabend. Um mich etwas aufzubauen, schaue ich mir „Die Olsenbande“ an. Trotz des lustigen Filmes, muss ich an Helga Hahnemann denken, die an Krebs starb. Helga kannte ich noch als kulinarischer Gastgeber. Sie war ziemlich oft Gastkünstler in unserem Kulturhaus.
Ich schlafe ein beim zweiten Teil dieser Serie.