Nach Steffen kommt heute praktisch die gesamte Familie. Und die kommen mitunter von sehr weit her. Dazu haben wir die Handwerker und Händler des Ortes eingeladen. Gerade die Beziehungen sind uns wichtig für die Lieferungen von Lebensmitteln und Reparaturen aller Art. Selbst die Kreiszeitung war zugegen. Ich habe sie nicht bestellt. Dazu kamen die örtlichen Vertreter, aber nicht der Bürgermeister. Am meisten freute mich, alte Freunde und Genossen aus der Partei begrüßen zu dürfen. Zünftig kamen sie. Mit einem Strauß Roter Nelken. Einige konnten ihren Arbeitsplatz retten. Für sie gab es keinen Ersatz. Andere haben wie wir, ein kleines Unternehmen gegründet. Heute und morgen, sind nur geladene Gäste zugegen. Wir präsentieren unsere Zimmer in der Absicht, deren Gästen, Quartier bieten zu können. Margret von der Brauerei, Jens und Agnes gehörten zu den geladenen Gästen. Margret hat uns zwei Fass Bier gespendet. Eins davon war eine Neuentwicklung der Brauerei. Ein Kräusenbier.
„Trübes Bier hatten wir doch schon früher“, sage ich zu Margret.
„Das ist ja der Witz. Heute saufen die das förmlich, ohne zu mucken.“
„Deine Kenntnisse, Margret, helfen mir etwas. Ich kann darauf nicht verzichten. Selbstverständlich nehme ich nur Euer Bier und das aus Sachsen.“
Für den öffentlichen Verkehr öffnen wir am Wochenende. Mit einer Zeitungsanzeige kündigen wir das Vorhaben an. Wie erwartet, war die Bude brechend voll. Wir haben natürlich etwas geschwommen. Bei einer Neueröffnung ist das natürlich normal. Vor Baumärkten und anderen Einrichtungen, bildeten sich hundert Meter lange Schlangen. Nur in einem kleinen Hotel fangen Einige an, sich zu beklagen. Dabei sind wir die Handwerker, welche die Produkte frisch herstellen. Einige Kunden verwechseln ein Restaurant mit einem Imbiss. Selbst bei einem Imbiss stehen sie zwanzig Minuten in einer Schlange. Bei uns können sie wenigstens sitzen, miteinander reden und etwas trinken. Wir gehen davon aus, dass uns diese Gäste von der Konkurrenz geschickt wurden. Für uns war der Begriff Konkurrenz ziemlich neu. Bis dahin glaubten wir tatsächlich an ein Miteinander. Jetzt dürfen wir miterleben, wie sich Mafias, Clans und Seilschaften bilden. Überlebenskampf in Vollendung. Wir werden damit aktiver Bestandteil einer gesetzlosen Tierwelt.
Der Tag geht vorbei und wir feiern mit Steffen und Karin etwas nach. Joana verabschiedet sich wieder mit Karin. „Wir sind jetzt müde“, sagt Karin breit lächelnd.
Ab morgen haben wir zwei Ruhetage. Die Ruhetage haben wir auf Wochenanfang gesetzt, um uns vom Wochenende etwas zu erholen. Uns erschien Dienstag und Mittwoch recht günstig. Montags hatten alle anderen Gastwirte der Umgebung, Ruhetag.
Ich bin nicht allein geblieben. Einige Jugendliche und Handwerker sind geblieben. Die waren gestern schon da.
„Das habt Ihr gut hin bekommen heute.“
„Oh. Ich dachte eher, wir hätten uns teilweise blamiert.“
„Ich bin Achim, Klempnermeister hier in Wunderbachwitz.“
„Ich bin Mischa und handele mit Gebrauchtwagen.“
Ein etwas kürzerer, rothaariger Mann stellt sich mit Mathias vor. Er kommt aus dem Nachbarort und hat bei uns hier in Wunderbachwitz eine Freundin. Die ist auch schon gegangen.
„Ich bin Elektroinstallateur.“
Steffen redet sofort mit Mischa. Beide setzen sich etwas abseits hin und diskutieren.
Die jungen Leute stellen sich als Jugendclub des Ortes vor. Sie sind stark an einer neuen Örtlichkeit interessiert. Ihnen wurde der Club gekündigt. Genau wie bei Jens und Agnes im Nachbarort.
„Ich habe unten einen kleinen Raum, den wir zu einem Club umbauen können.“
„Das klingt schon mal gut. Tanzveranstaltungen willst Du keine mehr machen?“
„Ihr kennt unseren Saal. Der ist baufällig. Im Moment ist mir das zu riskant und zu teuer.“
Der Gedanke ist an sich nicht schlecht. Über Nacht wurden alle Tanzsäle geschlossen. Ein paar Schulfreunde von Joana haben eine Discothek eröffnet. Die läuft gut.
Fortsetzung folgt