Eine der beiden Bedienungen soll mir in der Küche helfen bei Bedarf. Eigentlich gehe ich davon aus, Rosi wäre gut geeignet. Sie ist schließlich eine Frau. Für gewöhnlich, kochen auch in der DDR mehrheitlich die Frauen. Zumindest machen sie das Abendbrot. An ihrem Gesicht kann ich erkennen, ihr ist das nicht besonders angenehm. Wir einigen uns darauf, Rosi und Andi helfen abwechselnd in der Küche.
Unsere lieben Familienmitglieder kommen natürlich zuerst zum Frühstück. Sie wollen schnell abreisen und uns Platz machen für die Hausgäste.
Heute bereitet Rosi unter Anleitung von Joana das Frühstück zu. Morgen, am ersten Öffnungstag, soll das Andi tun. Rosi bekommt einen roten Kopf. Sie schwitzt. Dabei ist die Frühstücksküche relativ einfach und gemütlich. Ein gutes Aufwärmprogramm für den Tag. Andi bedient, bestellt und serviert. Schon bei den Fünf-Minuteneiern gibt es die ersten Probleme. Völlig normal bei Neueröffnungen. Und trotzdem werden die zwei Profis nervös.
Nach dem Frühstück sagt Andi zu mir: „Für uns Zwei ist das nichts.“ Rosi steht dahinter und nickt.
„Ihr wollt also gehen?“, fragt Joana.
„Ja“
„Na denn. Auf Wiedersehen.“
Und schon waren de Zwei weg. Rosi hätte beinahe unsere Schürze mit genommen. Joana hat das verhindert. Die Schürzen sind nicht billig. In der DDR hat das vielleicht funktioniert. Jetzt weht aber ein etwas anderer Wind. Firmeneigentum ist plötzlich kein Volkseigentum mehr. Das zumindest behaupten jetzt die Firmenbesitzer. Und wir sind hoch verschuldete Besitzer. Verwalter wäre vielleicht der passende Begriff. So lange die Bank im Grundbuch steht, sind wir Zwei Angestellte der Bank.
Andrea kann das nicht begreifen. Sie sagt zu Joana: „Das Frühstück übernehme ich mit.“
Unsere Freude ist groß. Eine Sorge weniger. Andrea will also jetzt das Frühstück und die Zimmer machen. Joana wird ihr sicher helfen dabei. Die Zwei geben ein gutes Team.
Karin holt Steffen aus dem Zimmer. Steffen stellt sich noch einmal allen Verwanden vor. Mischa auch. Alle Verwanden verabschieden sich von uns. Wir begleiten sie bis auf unseren Parkplatz und winken zum Abschied.
Alle, die da geblieben sind, holen jetzt ein gemeinsames Frühstück nach. Karin setzt sich neben Joana und legt sofort die Hand auf Joanas Oberschenkel. „Unersättlich“, sag ich zu Karin.
„Wenn Du heute etwas Zeit hast, kannst Du Deine Geschenke mal ausprobieren“, sagt Steffen zu mir.
„Wie viele hast Du mir denn mitgebracht?“
„Zehn“, antwortet Karin. Sie rollt dabei mir den Augen. Dabei gehen mir die gemeinsamen Duschgänge an der Trasse durch den Kopf. Karin wollte zu gern den Rücken gewaschen haben. Schon bei den ersten zwei Strichen über den Rücken hat sie sich umgedreht. Mit ihren Brustwarzen hätten wir die Eintrittskarten entwerten können.
„Steffen lacht laut.“ Eifersucht ist meinem Freund Steffen ein Fremdwort. Der lebt in vollen Zügen.
„Willst Du die Dinger allein ausprobieren?“
„Ehrlich gesagt, wäre mir das lieber.“
„Ist gut. Ich zeige Dir dann mal, wie die Dinger richtig benutzt werden.“
Einkauf ist heute keiner mehr zu erledigen. Die Lieferungen sind alle im Haus. An der Tür stehen schon die ersten Vertreter. Wir haben immer noch unseren Ruhetag. Die ersten zwei wollen mir Abonnements für Zeitungen aufdrehen. Dann kommen zwei mit Versicherungen. Und noch vor dem Mittag, kommen Vertreter für Gläser, Geschirr, Getränke, Gefrierkost, Autozubehör und Hotelkataloge.
Wir schließen erst mal die Tür. Das war uns wirklich zu lästig. Nicht einer sprach sächsisch. Alle waren irgendwie verlebte, fast verlaust wirkende Westler. Wir würden diese Gestalten als Penner oder Säufer abtun. Wie kann man sich so seinen Lebensunterhalt verdienen? Grauenvoll!
Am frühen Nachmittag rücken die ersten Übernachtungen ein. Mutter hat sie geschickt. Andere, bereits ausgebuchte Kollegen, schickten uns auch Gäste. Bis jetzt scheint das zu funktionieren. Selbst an unserem Ruhetag. Wenn sich das so fortsetzt, ist eigentlich auch unser Ruhetag für die Katz. Steffen und Karin haben das sofort begriffen.
Andre und Joana wollen schnell die Zimmer her richten. Karin geht mit. Sie blinzelt Karin schon so verdächtig an. Irgendwie sieht Karin, wer es nötig hat. „Ich mach die Zimmer gleich mit.“
Steffen lacht schon wieder.
„Bleibt ihr noch etwas?“
„Bis zum Wochenende können wir schon bleiben.“
Steffen interessiert sich sehr, wie unser Betrieb läuft.
Bei jedem Klopfen an der Tür öffne ich einen Spalt und frage, was die Herrschaften möchten. Vertreter schicke ich umgehend weg. Einige Vertreter suchen aber eine Übernachtung. Und die lasse ich sofort rein mit dem Hinweis, dass wir heute noch Ruhetag haben. Das war allen recht. Unser Hotel ist voll belegt.
Unsere Zimmerpreise haben wir pro Zimmer verlangt. Uns war eigentlich egal, wie viele Gäste auf dem Zimmer liegen. Das erschien uns günstiger als den Preis pro Person zu berechnen. Wir hätten überwachen müssen, ob sich unsere Gäste über Nacht noch einen Beischläfer einladen.
Das war uns zu viel Aufwand. In unseren Augen wäre das auch zu viel Schnüffelei.
Gefällt mir:
Like Wird geladen …