Fortsetzung Der Saisonkoch – Frühjahr


Dreihundert Euro rette ich aber nur, wenn mir oder meinem Fahrzeug nichts passiert. Und genau das, ist in den Alpen nahezu ausgeschlossen. Es gibt einfach zu viele Gefahren auf dem Arbeitsweg. Die angebliche Vorstellung ist auch gleich der Termin für die Probearbeit. Am Telefon klang es so, als würde ich keine Probearbeit benötigen. Eigentlich wäre das verständlich bei meiner Kenntnis des Betriebes.

Wir verabreden uns auf heute Abend.

Joana ist noch auf Arbeit. Ich rufe sie an.

„Ich komme schnell noch einmal vorbei. Heute Abend muss ich noch nach Österreich.“

Joana ist immer schwer besorgt, wenn ich nachts diese Strecken fahre. Vor allem, wenn ich das Motorrad nutze. Eingepackt habe ich nur das Nötigste. Ich rechne nicht mit keiner längeren Beschäftigung.

Zunächst besuche ich Joana auf Arbeit. Um diese Zeit vermute ich sie bereits in der Wäscherei des Hotels. Der Parkplatz ist voll belegt. Das Auto von Joana steht nicht drauf. In der Wäscherei sind bereits fast alle Zimmermädchen. Der Blick gleicht einem Blick ins Paradies. Kurze Schürzchen, teilweise stramme Hintern und eine selige Ruhe mit etwas Musik im Hintergrund. Die Temperatur ist um die vierzig Grad. Die riesengroße Heißmangel läuft. Zwei Frauen stehen am Einzug und zwei auf der anderen Seite zur Abnahme. Die Frauen schwitzen. Ich stelle mir gerade eine Massage vor mit den Frauen. Das Öl könnten wir uns jetzt sparen.

„Du hast wohl eine Arbeit gefunden“, fragt Rosa.

„Nicht hier. In Österreich.“

Rosa schüttelt mit dem Kopf.

„Dann bist du ja bald zurück.“

„Das schätze ich auch.“

„Hast Du Alles gepackt“, fragt mich Joana.

„Nur das Nötigste. Ich will erst mal schauen.“

Joana gibt mir ein Küsschen. Die anderen Frauen auch. Ich fühle mich wie im Himmel. Wir gehen noch eine Zigarette rauchen vor der Tür.

„Der Chef sieht das nicht gern“, sagt Joana zu mir.

„Der muss sich auch nicht von seiner Familie trennen wegen der Arbeit.“

„Fahr vorsichtig.“

Den Hinweis bekomme ich praktisch überall zu hören. Die Bewohner der Alpenregionen kennen den Verkehr in diesem Gebiet. Zeitnot trifft auf Unwissen. Eine gefährliche Mischung.

Auf dem Reschen bin ich schon in fünfzig Minuten. Ab hier scheint sich der Verkehr zu verdichten. Ich komme in den Feierabendverkehr. Genau zu der Zeit, wie frühmorgens, ist auch der Schwerverkehr unterwegs. In sozialistischen Ländern hätte man schon lange eine funktionierende Bahnverbindung gebaut. Hier wird Jahrzehnte später darüber nachgedacht. Die Investition muss sich lohnen. Kein Mensch gibt hier Geld für das Leben und die Gesundheit der Arbeiter aus.

In Landeck muss ich erst mal überlegen, wie ich nach Kühtai komme. Ich habe das schon wieder vergessen. Bei einer kurzen Rast schaue ich schnell noch mal auf das Handy. Dort habe ich mir die Karten gespeichert. Die Onlinesuche ist mir zu teuer. Hinter jeder Erleichterung steht hierzulande ein Kassenhäuschen. Arbeiter müssen noch Landkarten lesen können. Das ist trotzdem keine Garantie, pünktlich da zu sein, wo man sich das vorgenommen hat. Neuerdings werden wir von unzähligen Baustellen überrascht, die nicht selten gewaltige Staus hervorrufen. Mit dem Motorrad mag das noch gehen. Die genervten Autofahrer werden dann zur Gefahr. Nicht nur das. Aus langer Weile spielen die auf allen Gerätschaften, die sie mit sich führen. Vor allem auf Handys und Tablets. Nur nicht auf der Straße. Man möchte die neue Art der Bewegung gern dem Computer anvertrauen. Mir geht ein DDR Witz durch den Kopf.

Der kleine Gentleman fährt Rad und onaniert. Der große, fährt Wagen und fickt. Offensichtlich fühlen sich sehr Viele, groß.

%d Bloggern gefällt das: