Wegen des Mittagessens, sage ich zu Leo, wir könnten die Nachfrage eventuell im Rahmen unseres Personalessens bedienen.
„Wenn du das schaffst, dann machen wir das.“
„Lass das die Gäste einfach zum Frühstück bestellen. Sie bekommen damit frisches Essen und wir kochen nicht zu viel.“
„Das machen wir ab morgen.“
„Hast du für mich ein Personalzimmer?“
„Natürlich.“
„Ich möchte zur Mittagspause etwas ausruhen.“
Leo führt mich in ein Zimmer. Ein Hotelzimmer, das nicht mehr genutzt wird. Ein Teil der Decke hat sich gelöst. Auch Tapeten von der Seitenwand.
„Hier regnet es herein. Das Dach darüber ist nicht ganz dicht. Wir wollen das bauen. Reicht dir das bis wir ein anderes Zimmer haben?“
„Ich denke, für zwei Stunden Ruhe geht das.“
Am ersten Tag gleich mit Forderungen aufwarten, ist eigentlich nicht meine Gewohnheit. Zu oft hat sich das aber als Nachteil heraus gestellt. Leo und Agnes machen nicht den Eindruck, mich über den Tisch ziehen zu wollen.
„Wie viele Kollegen essen bei uns zu Mittag?“
„Zwei Zimmermädchen, ein Hausmann, ich und du.“
„Das ist recht übersichtlich.“
„Manchmal kommen die Eltern von Agnes mit dazu. Die geben uns aber Bescheid.“
„Aha.“
Wie üblich, warte ich etwas ab, bis die einzelnen Zugaben kommen. In einigen Betrieben hat sich das so weit entwickelt, dass wir das locker als Restaurant bezeichnen könnten. Die Familie wurde zusehends größer. Nicht selten kamen dann auch noch Nachbarn und Freunde dazu. Kein Koch kann das ausreichend berücksichtigen, wenn er keine Kenntnis davon hat. Ab dem Punkt, leidet dann auch das Menü für die Gäste.
Das Wetter ist schön. Am ersten Tag könnte ich eigentlich nach Hause fahren. Nützen kann das wenig. Joana kommt erst nach Vier zu Hause an. Und zu der Zeit, müsste ich schon wieder fahren. Damit stellt sich heraus, wir sehen uns wieder kaum in der kommenden Zeit. Für meinen Arbeitsweg benötige ich bei günstigem Verkehr zwanzig Minuten. Ein paar Geschwindigkeitsübertretungen sind mit eingerechnet. Anders würde ich das in der Zeit nicht schaffen. Rechne ich hier vier Arbeitswege zusammen, käme ich auf einhundert Kilometer täglich. Ich würde wieder für Agip arbeiten. Sicher nicht für mein Konto. Preiswerter ist einfach keine Arbeit zu bekommen. Ich frage Leo, ob er sich daran beteiligen würde.
„Gerne.“
„Auch an der Zeit?“
„Zur Hälfte.“
Das Angebot ist gut. Nebenbei erfahre ich, Leo ist Deutscher. Ein Franke, der Agnes geheiratet hat. Ein fleißiger deutscher Mann heiratet eine fleißige Südtiroler Frau. Man könnte sich reichlich Südtiroler Nachwuchs wünschen für die Beiden.
Zum Abendmenü ist mein Lehrling im Haus.
„Würdest du Claudia ausbilden? Sie benötigt nur noch etwas Hilfe für die Abschlussprüfung.“
„Ich versuche es. Claudia, bringe mir bitte deine Unterlagen mit. Ich muss wissen, auf welchen Stand du bist und wo wir ansetzen müssen.“
„Mach ich morgen.“
Sie wirkt nicht gerade aufgeweckt, aber zumindest etwas interessiert an dem Abschluss. Am ersten Tag zeige ich ihr natürlich, wie man eine Ausgabe organisiert. Auf dem halben Weg dahin, klingelt ihr Telefon. Sie bricht blitzartig ihr Interesse ab. Es geht um den Rest des heutigen Abends. Die Ausgabe richte ich inzwischen her. Nach fast zwanzig Minuten ist sie wieder ansprechbar.
„Morgen kommst du bitte ohne Handy oder stellst es ab in der Küche.“
Und schon habe ich mir die junge Dame zur Feindin gemacht. Eigentlich hätte sie recht, wenn sie zehn oder zwölf Stunden auf Arbeit wäre. Das ist sie aber nicht. Bei Lehrlingen zählt streng das Arbeitsrecht. Und darauf klopfen die jungen Leute natürlich.
„Zur Pause kannst du das Handy nutzen. Das musst du mit deinen Freunden und Freundinnen aber absprechen.“
Sie schaut etwas freundlicher. Mein Entgegenkommen nutzt sie aber sofort schamlos aus. Sie deutet das als Schwäche.
„Dann mache ich jetzt Pause.“
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.