Fortsetzung Der Saisonkoch – Sommersaison


Ein Bus reist nach dem Frühstück ab. Deren nächster Halt ist im Unterland. Sechs Hausgäste verlassen uns auch. Leo sagt, wir bekommen heute zehn Anreisen. Die Zufallstouristen, die ohne Vorbestellung anreisen, bezeichnet Leo als Straße. So steht es in der Liste. Leo lässt die Stelle in der Meldung nicht frei. Er druckt immer ein Fragezeichen dahin, sagt er.

Das Telefon klingelt. Mit dem Gespräch, das zweifellos eine Bestellung ist, zeichnet er nebenbei vier Anreisen hinter das Fragezeichen. Österreicher, wie ich es vernehme.

„Das sind Kollegen aus der Innsbrucker Gegend. Sie feiern bei uns etwas ihren Saisonabschluss.“

„Gastronomen?“

„Ja.“

„Wenn wir morgen Agnes zum Einkaufen schicken, wäre es gut, das Menü erst dann zu schreiben, wenn die Ware da ist.“

„Das finde ich gut.“

„Wir haben dadurch die Möglichkeit, echte Sonderangebote zu verarbeiten.“

„Das ist besser als wenn wir unsere Lebensmittel suchen müssen.“

„Wir kochen aus allen Lebensmitteln, die uns zur Verfügung stehen, ein Menü.“

„Wunderbar!“

Claudia kommt. Ich schicke sie gleich zum Salat. Gelegentlich kontrolliere ich ihre Arbeit. Beim Probieren fällt mir auf, sie kann gut abschmecken. Und das in dem Alter.

„Kochst du zu Hause?“

„Nein.“

„Aber du hilfst der Mutter.“

„Mutter kocht nicht. Das macht die Oma.“

Die Einteilung finde ich gut. So werden wenigstens die Älteren der Familie in wirklich nützlicher Bewegung gehalten. Das ist typisch für bäuerliche Haushalte. Wir kennen das von zu Hause.

Zum Mittag essen stellen sich die Familienmitglieder vor. Sie arbeiten in der Apfelplantage. Und nicht nur das. Sie bauen auch ihr eigenes Gemüse an. Ein Probe soll ich gleich mit kochen. Grüner Spargel aus dem Vinschgau. Selbstverständlich baut die Familie das für den Eigenverzehr an. In großen Mengen wäre das wahrscheinlich unwirtschaftlich für sie. Die Mutter von Agnes stellt sich mit Hanna vor und der Vater mit Georg. Beide wirken sehr frisch und gesund. Agnes sieht dem Vater sehr ähnlich. Unsere zwei Zimmermädchen, die beide nicht aus Südtirol sind, halten sich etwas zurück. Bei denen brauche ich noch etwas, um ihre Namen zu erfahren. Vom Aussehen her, wirken sie wie Slawen. Ihre Mentalität erinnert mich an Jugoslawen. Sie lachen etwas seltener, dafür aber sehr herzlich.

Unser Mittag besteht heute aus Pasta. Bei der Gelegenheit fällt mir ein, Leo darauf aufmerksam zu machen, den Einkauf für einen Tag im Voraus zu organisieren. Wir können so zum Frühstück unser Menü bekannt geben. Auch das Personalessen ist dann mehr auf Frische organisiert. Allgemein essen wir die Reste vom Vortag. Mit der Bekanntgabe der genauen Zahl unserer Gäste, bleiben natürlich weniger Reste übrig.

Reste ist jetzt gut gesagt und trotzdem schlecht beschrieben. Wir kochen unser Essen ja in zwei Stufen. Bis zu einer Ausgabe ist das Essen vorgekocht. Das ist etwa vergleichbar mit Gefrierkost aus dem Supermarkt. Die wird auch vorgekocht und danach eingefroren. Auch andere Konserven werden mit diesem Prinzip hergestellt. Der Vorteil unserer Herstellung ist, wir wissen, was drinnen ist und auf dem Teller liegt. Nach der neuen Gesetzgebung ist das auch wichtig. Weil wir für unser Produkt haften. Auch für das Produkt, das wir verarbeiten. Bequemlichkeit kann also heute, ziemlich gefährlich sein. So landet die Haftung für Produkte der Großindustrie einfach bei einem Koch. Und welcher Koch haftet schon gern für gewissenlose, Gewinn orientierte Panscher? Und genau dieser Umstand zwingt uns zur Optimierung unserer Verarbeitung. Also, konservieren wir unsere Produkte für ein paar Stunden, selbst. Vorgekochte Produkte sind Zwischenprodukte, die in einem letzten Verarbeitungsgang, fertig gestellt werden. So einfach kann frische Küche sein.

Autor: dersaisonkoch

Meisterkoch der DDR

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