
: „Das Wesen des Imperialismus liegt in der Transformation des Menschen in ein Tier. Ein blutrünstiges Tier! Bestimmt für Massaker, Mord, Zerstörung“, sagte Che von der Tribüne der UNO.
: „Das Wesen des Imperialismus liegt in der Transformation des Menschen in ein Tier. Ein blutrünstiges Tier! Bestimmt für Massaker, Mord, Zerstörung“, sagte Che von der Tribüne der UNO.
Die Besatzer haben viele Polizisten einfach raus geschmissen aus ihren Ämtern und Stationen. Sobald der Polizist ein Parteibuch der SED hatte, war er fällig. 1933 lässt grüßen. Nur die braunen Hemden fehlen. Die sind jetzt weiß und mit dunkelblauen Wollmänteln behangen. Fast wie, ‚Schwarzblau ist die Haselnuss.‘
Wir fahren bei Herbert vorbei. Geht es ihm wieder besser?
Zu Hause angekommen, werden wir von einem Strich empfangen. Herbert. Er wiegt keine fünfzig Kilo mehr. Wir sind erschüttert. Brigitte lässt uns einen Kaffee durch und fragt, ob wir mit Abendbrot essen möchten. Herbert fragt, wie es mit dem Geschäft steht.
„Alles ist genehmigt. Wir warten jetzt auf den Finanzierungsplan.“
„Und die Handwerker? Die haben doch sicher alle Hände voll zu tun.“
„Das macht sie nur teurer. Darauf haben sie vierzig Jahre gewartet. Die Besatzer haben ihre eigenen Handwerker mit. Die DDR Handwerker stehen Außen vor.“
„Und? Können sie wenigstens gleich anfangen?“
„Der Dachdecker kommt aus dem Ort. Der fängt gleich als Erster an. Danach kommt der Klempner und Elektriker. Zuletzt der Leichtbau.“
„Und Dir geht nicht die Hose bei dem Umfang?“
„Naja. Sicher bin ich mir nicht ganz. Was soll ich tun?“
„Ihr hättet weg gehen können.“
„Wir gehen weg von unseren teilweise kranken Eltern und Großeltern? Sollen wir Euch im Stich lassen?“
„Schlaft Ihr hier?“, fragt Mutter.
„Nein. Wir müssen unsere Schulden bewachen.“
Wir fahren zurück in unser neues Heim.
Am Morgen kommt der Chef der Sparkasse mit seinen Kollegen. Er hat den Finanzierungsplan mit. Es gibt diverse Hilfsprogramme von Aufbaubanken. Die aktuellen zwölf Prozent Zinsen sollen damit teilweise halbiert werden. Die Bedingungen sind für uns annehmbar. Wir verstehen nur die Hälfte von dem ganzen geschriebenen Text. Das ist sicher auch die Absicht dahinter. Zumindest sind wir gewohnt, geschriebene Gesetze zu verstehen. DDR Gesetze waren eindeutig und Verträge auch. Wildwest hält bei uns Einzug. Wir unterschreiben und werden ab jetzt, heuchelnd – freundlich gegrüßt. Es gibt dutzende Ratschläge. Keinen davon können wir gebrauchen. Im Lager stehen noch ein paar Schnapsflaschen aus DDR Zeiten. Mangelware ist dabei. Ich biete den Herrschaften zur Feier des Vertragsabschlusses einen Apfelschnaps an. Die Gesichter verraten uns, dass die von der DDR und ihren Produkten wenig halten. Keiner der Leute verrät mir seinen Namen und Keiner bietet uns das Du an. Alles ist anonym.
Vor der Haustür steht der Dachdecker. Er könnte die Woche anfangen. Über den Preis werden wir uns schnell einig. Wir decken mit Kunstschiefer. Einheimischer Schiefer, der traditionell hier gedeckt wird, wird über Nacht unbezahlbar. Der Preis verzehnfacht sich. Der Dachdecker hat mir davon auch abgeraten. Die Last wäre zu hoch bei unserem großen Bau.
Der Klempner steht auch schon da. Er kommt zusammen mit seiner Frau. Sympathische Leute, die Zwei. Julia geht mit der Kamera ihrem Rolf hinter her. Sie fotografiert und schreibt, während Rolf misst und diktiert. Joana kocht den Zweien inzwischen einen Kaffee.
Ab heute fahren wir auch ins Gewerbegebiet Röhrsdorf. Dort bauen die Unternehmen noch reichlich Gewerbe- und Verkaufsflächen. Ein gleiches Zentrum entsteht gerade in Karl-Marx-Stadt Süd. Glücklicherweise liegt das auch direkt an der Autobahn. Das wäre der nächste Schritt für unsere Kundenwerbung. Sollte noch ausreichend Zeit zur Verfügung stehen, werden wir dieses Gebiet zumindest für eine Woche anfahren. Unser Ziel ist jetzt, noch genug Gewinne abzugreifen. Eine organisierte Vertreibung darf nicht zu unserem Schaden stattfinden. Zumindest die Verursacher sollten gleichberechtigt da stehen. Wir lassen uns doch von Denen nicht drei Mal ausnehmen. Schon gar nicht von plündernden Besatzern.
Joana ist mit meinem Plan zufrieden. Steffen und Karin auch. Andrea, Renate und Jochen sind etwas besorgt. Trotzdem danken sie uns für unser Engagement. Bei dieser Kirchensekte wollen sie nicht arbeiten. Angebote gab es wahrscheinlich schon von der Seite. Wer seine Kinder liebt, wird diese Sekte auch nachhaltig meiden.
Ein Gespräch mit Andrea und Jochen bahnt sich an. Joana fragt Jochen, ob er nicht einen Teil ihrer Runde mit übernehmen würde. Jochen müsste also mittags unser Essen mit ausfahren. Mit den Blick auf ein paar Rücklagen oder den eventuellen Kauf seiner Wohnung, erklärt er sich einverstanden. Jochen wird unser neuer Fahrer. Joana übernimmt Teile meiner Runde.
Wir vereinbaren einen Prämiensatz. Für jede ausgelieferte Portion gebe ich dreißig Pfennig als Prämie zum Lohn. Alle sind einverstanden.
Renate geht ab kommenden Morgen mit Zimmer putzen. Wir haben nur noch halbe Belegung. Viele Gäste finden unsere Zufahrt nicht. Die Anreisen entwickeln sich langsam zur Telefonkonferenz. Selbst bei der Essensauslieferung klingelt pausenlos das Telefon. Mit jedem Essen verteilen wir auch unsere Prospekte. Viele unserer Essenskunden buchen auch Zimmer. Das Essensgeschäft läuft trotz dieses Handicaps. Wir sind bei fast sechshundert Essen außer Haus. Mit den Gewinnen könnte ich zwei Raten für unser Hotel bezahlen. Zum Abgreifen reicht das. Wer lässt sich schon gern ohne Geld aus dem Haus vertreiben?
Mischa hat uns einen feinen Transporter gesucht. Der wird jetzt in Dienst gestellt. Unser Fuhrpark hat jetzt vier Transporter und unseren Fekta.
Jetzt steht noch die Frage, mit welchem Fahrzeug wir uns verabschieden. Das möchte etwas länger halten und ziemlich neu sein.
Klaus ruft an. Am Wochenende kommen doch noch Gäste. Die DEFA der DDR wurde aufgelöst. Teile von dem guten Kollektiv kommen zu uns und drehen einen Dokumentarfilm. Sie haben sich selbstständig gemacht. „Die bezahlen im Voraus“, sagt Klaus. Allein kommen die nicht. Einige Westler sind dabei. Der Nachwuchs von dort bekannten Regisseuren. Offensichtlich mussten die sehr guten DEFA-Leute unbequeme Partnerschaften eingehen für das Projekt. „Die suchen Ruhe und Abgeschiedenheit.“
Zuerst dachte ich, ‚die waren doch schon mal da. Wahrscheinlich müssen sie ein paar Szenen nacharbeiten.‘ Klaus sagt aber, es wäre eine andere Gruppe.
Eigentlich wollten wir Renate und Andrea frei geben das Wochenende. Joana will die Zimmer selbst putzen.
Am Samstag Morgen kommen Renate und Andrea trotzdem. Sie wollen Joana helfen. Ich denke, sie wollen auch etwas mehr. Sie haben ziemlich große Taschen mit.
Bei der Gelegenheit machen wir gleich eine kleine Versammlung. Wir sprechen den weiteren Verlauf ab. Mischa, selbst Achim und Thomas sind schon da. Die wollten eigentlich einen Frühschoppen abhalten. Sie setzen sich interessiert dazu. Wir möchten unsere Vertreibung so organisieren, damit unsere treuen Mitarbeiter keinen zu großen Schaden nehmen. Alle helfen mit und sind mit unseren Plänen einverstanden.
An die Sparkasse haben wir nur noch ein Rate zu drücken. Dann ist das Darlehen der Sparkasse bedient. Der Rest ist wohl eher von Förderbanken, die es schon im Dritten Reich für die Ostgebiete gab. Um deren Darlehen tut es uns nicht leid. Immerhin haben wir mit unserem Zinsdienst, fast die Höhe des Gesamtdarlehens bedient. Den Rest können sich die Banken an unserem Inventar holen.
Meine drei Frauen ziehen sich zurück. Sie gehen putzen. In einer knappen Stunde werden sie damit fertig sein. Ich denke, sie werden sich den Rest des Vormittags zurück ziehen.
Die Männer treffen sich in der Küche. Mischa kocht mit mir für den Frühschoppen. Es finden sich reichlich Gäste ein; auch aus der Nachbarschaft. Trauergäste von unserem Dachdecker sind mit dabei.
Alle Freunde helfen mir. Wir bekochen und bedienen unsere Gäste. Achim zapft das Bier.
„Welche Kollegen sind verheiratet?“
„Zwei.“
„Die anderen Kollegen haben eine Freundin?“
„Das schätze ich mal. Obwohl. Bei Andreas bin ich mir nicht sicher.“
„Wieso?“
„Andreas ist von der anderen Straßenseite.“
„Ach so.“
„Also bleibt ein Kollege. Wo finde ich den?“
„Bei uns in der Garage.“
„Wie heißt er? Sag ihm bitte Bescheid. Ich komme sofort vorbei.“
„Er heißt Jonas. Ich gebe ihm Bescheid.“
Toni fährt sofort los. In ein paar Minuten ist er beim Weißen Kreuz auf der Meraner Straße in der Garage. Die Jungs wirken etwas hektisch. Ein Notruf ist eingegangen.
„Jonas?“, ruft Toni.
Ein recht junger Mann kommt gelaufen.
„Jonas. Ich muss gleich los. Was gibt es?“
„Hast du eine Freundin namens Sibyla?“
„Nein. Die wohnt bei Andreas. Sibyla ist seine Braut.“
„Dann entschuldige meine Nachfrage. Schönen Tag noch. Ah, wo wohnt Andreas? Ist der hier?“
„Andreas ist im Büro. Er rechnet gerade seine Kilometer ab.“
„Danke.“
Im Büro ist es relativ ruhig. Es riecht nach Kaffee.
Hinter der zweiten Tür findet Toni, Andreas. Der ist etwas überrascht. Seine Kollegen haben ihm schon gesagt, wer ihn sucht.
„Was gibt es so Wichtiges?“
„Ich heiße Toni. Ich ermittle in einem Todesfall. Dafür muss ich mit Sibyla sprechen.“
„Sibyla ist zu Hause.“
„Wo wohnst du? Kannst du mitkommen?“
„Mitkommen kann ich nicht. Ich bin in Bereitschaft. Du musst zum Greitenweg. Ich rufe Sibyla an. Sie steht vor dem Haus und wartet auf dich.“
Vom Weißen Kreuz am Busbahnhof in Lana ist es nicht weit zum Greitenweg. Andreas hat wirklich einen kurzen Arbeitsweg. Beneidenswert, findet Toni.
Toni nimmt die Abkürzung. Er muss ein paar Meter über den Bürgersteig fahren. Zwei Touristen protestieren lautstark.
„Was fällt ihnen ein?!“
„Das ist ein Notfall.“
Toni will sich nicht in ein Wortgefecht mit den Touristen einlassen. Die glauben wahrscheinlich, sie hätten Lana gekauft.
Kurz darauf trifft Toni auf Sibyla. Die winkt ziemlich auffällig. Eigentlich muss sie nicht unbedingt winken. Toni erkennt sie auch so. Sie ist ziemlich knapp bekleidet. Bei der Figur, findet Toni das sogar schön.
„Ich bin Toni und ermittle im Todesfall von Ema.“
„Ema ist tot?“
Sibyla bricht in Tränen aus.
„Folgen sie mir bitte.“
Die Zwei gehen ins Haus. Sibyla wäscht sich schnell das Gesicht.
Die Wohnung sieht recht gemütlich aus. Vielleicht etwas verspielt.
„Mir wurde gesagt, sie betreiben eine Stellenvermittlung für Zimmermädchen.“
„Ja.“
„Sie sind selbst auch Zimmermädchen?“
„Das macht mir die Vermittlung einfacher. Ich kenne viele Betriebe persönlich.“
„Seit wann kennen sie Ema?“
„Wir sind zusammen mit Danka aus Hronec gekommen.“
„Können sie mir etwas über Ema und Danka erzählen?“
„Unser Heimatort ist auch ein Tourismusgebiet. Wir haben Winter- und Sommersaison. Trotzdem verdienten wir zu wenig. Deswegen sind wir von dort gegangen.“
„Gleich nach Südtirol?“
„Nein. Wir arbeiten auch in Österreich.“
„Wo gefällt es Ihnen mehr?“
„In Österreich.“
„Warum sind sie dann hier?“
„Hier ist die Sommersaison etwas länger.“
„Also pendeln sie zwischen Österreich im Winter und Südtirol im Sommer.“
„Genau.“
„Sind sie auch zusammen ausgegangen hier?“
„Schon auch. Nicht zu oft.“
„Wo?“
„Hier in Lana, in Marling und auch in Rabland.“
„Haben sie hier Anschluss gefunden?“
„Ja. Andreas ist mein Anschluss.“
„Und ihre Freundinnen?“
„Bis jetzt hatten sie weniger Glück.“
„Aber, sie sind doch wirklich schöne Menschen.“
„Das Aussehen allein, scheint nicht zu wichtig.“
„Verstehe. Ihnen wird wahrscheinlich eine gewisse Leichtigkeit unterstellt.“
„Dessen dürfen sie sich sicher sein. Es wird extrem viel gelogen.“
„Was haben sie gelernt?“
„Technische Zeichnerin.“
„Und da bekommen Sie bei uns keine Arbeit?“
„Ich bin Ausländerin und dumm. Meine Ausbildung zählt hier nicht.“
„Alles klar.“
„Die Arbeitsvermittlung betreiben sie nebenbei?“
„Ja. Ich arbeite auch noch als Zimmermädchen. Das Trinkgeld ist mir wichtig.“
„Werden ihnen außer der Reinigung noch andere Verdienstmöglichkeiten angeboten?“
„Man legt uns manchmal etwas mehr Geld aufs Bett.“
„Sozusagen, als Anspielung?“
„Ja. Das funktioniert so.“
„Ist das oft?“
„Ziemlich oft. Es sind immer die Gleichen.“
„Möchten sie alle hier bleiben?“
„Wir suchen hier oder in Österreich einen Mann. Dann können wir hier bleiben.“
„Gut. Ich melde mich wieder wenn die ersten Ergebnisse aus dem Labor eintreffen. Wir haben dann öfter zusammen zu tun.“
„Gerne. Das muss unbedingt aufgeklärt werden. Ich setze mich mit der Familie von Ema in Verbindung. Es sind unsere Nachbarn.“
„Vielleicht kann die Familie zu uns kommen.“
„Ich denke schon, sie kommen.“
„Wir müssen sie noch fragen, ob sie Ema identifizieren können. Das hat zwar Danka schon getan, aber uns ist ihre Meinung wichtig.“
„Ich komme morgen vorbei.“
Toni nimmt die Befragungen alle mit dem Handy auf. Die Aufnahmen gibt er Monika. Monika sammelt sie alle und wertet sie aus. Manche Aufnahmen hört sich Monika zwanzig Mal und öfter an. Sie findet auf diese Art versteckte Hinweise.
Toni meldet seine Erkenntnisse Marco. Marco gibt sie gleich an Donato in Rabland weiter. Donato fallen ein paar Widersprüche auf. Die teilt er sofort Toni mit. Die Frauen haben nicht Alles erzählt. Es gibt Geheimnisse.
Donato erwartet morgen die Identifizierung durch Sibyla. Er möchte Sibyla allein dabei haben. Ohne Danka und Andreas.
Danach soll Andreas, Ema identifizieren. Andreas kennt Ema auch. Donato hat die Familie Emas bestellt. Sie werden von den Carabinieri bei sich zu Hause abgeholt. Die slowakischen Kollegen haben das genehmigt.
Der Abend bringt Toni und Monika zu Doris. Man geht heute Abend Pizza essen. Toni möchte Doris noch ein paar Fragen stellen. Es geht um Tanzabende. Toni vermutet, Ema war bei Doris zum Tanzabend. Der Beweis dafür kommt sicher noch aus dem Labor.
Bei Doris angekommen, zeigt Toni das Foto von Ema.
„Die jungen Frauen kommen immer zu Dritt oder zu Viert zu uns.“
„Haben sie immer Partner, wenn sie gehen?“
„Ein paar junge Männer sind oft dabei. Es scheinen Landsleute zu sein.“
„Gehen sie zusammen nach Hause?“
„Das weiß ich nicht genau. Die Frauen sind oft bis zum Schluss da. Die jungen Männer scheinen eher zu gehen.“
Monika macht sich ihre Gedanken.
„Sitzen auch Einheimische bei den Frauen? Oder tanzt ein Einheimischer mit ihnen?“
„Die Frauen sind beliebt. Ein paar junge Männer von uns tanzen gern mit ihnen.“
„Was ist mit Herbert?“
„Du meinst unseren Eintänzer?“
„Ja.“
„Naja. Du weißt schon. Herbert lässt keine Dame aus.“
„Haben die Frauen gern mit ihm getanzt?“
„Zu gern. Herbert tanzt eben zu gut. Und das gefällt den Frauen.“
„Und was ist mit Luis?“
„Du meinst den Fischzüchter? Luis ist immer eifersüchtig auf Herbert.“
„Ich dachte eher, die machen immer gemeinsame Sache.“
„Den Eindruck könnte man bekommen.“ Doris lacht. Luis hat ihr schon auch oft genug den Hintern begrapscht.“
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