Wir schauen zu Karinka


Gäste, die erst am kommenden Morgen abreisen, sind geblieben. Auch die bekannten Stammgäste. Gäste von der Straße sind nicht mehr zugegen. Wahrscheinlich müssen sie in ihrem Hotel oder zu Hause bleiben.

In Südtirol werden die Menschen bereits zu Hause eingesperrt. Sie dürfen sich im Ort bewegen. Für Einkäufe. Auch auf dem Grundstück. Sogar auf dem eigenen Balkon. Radfahrer dürfen nackt fahren. Das ist Sport. Und Sport treiben ist erlaubt. Motorsport natürlich nicht. Das ist kein Sport. Nur dem Namen nach. Karinka kann das nicht verstehen.

„Die Motorradfahrer sind doch geschützt. Mit Vollhelm, Stiefel, Motorradkombi und Handschuhen“, sagt sie.

„Die faschistische Diktatur wird vorbereitet“, antwortet Etela.

„Das riecht nach Krieg“, sagt Karinka.

„Wir werden uns um unser Überleben kümmern“, antwortet Etela. „Nach Hause können wir nicht.“

„Du meinst das Angebot von Clara?“

„Aber sicher. Mit uns gibt das sicher keine Schlagzeilen. Uns kennen nur ein paar Hausgäste.“

„Und schön ist es auch. Weil wir uns kennen.“

„Machen wir es wie die Firmen. Wir werden die Not zum Geschäft machen. Steuerfrei.“

Im Stübele angekommen, steht schon ein Teil des Buffets. Clara ist ganz aufgeregt. Trotzdem sehr ruhig. Hubertus wirkt etwas ausgeglichener. Ein leichtes Grinsen ist auf seinem Gesicht.

„Ella hat’s ihm gegeben“, flüstert Etela.

Karinka lacht. Clara hat das bemerkt. Sie schaut zu den Zweien.

„Morgen kommt schon mein Freund und richtet uns die Zimmer ein.“

„Hoffentlich sind wir dann wieder nüchtern“, antwortet Etela.

„Schau einfach die Frauen unserer Stammgäste an. Das wirkt Wunder.“

„Hubertus wirkt recht ausgeglichen.“

„Er war bei Ella und Lina.“

„Du weißt das?“

„Natürlich. Mich freut das sogar. Sonst schwitzt er den ganzen Tag. Und er trinkt weniger.“

„Kommt Jarosch heute vorbei?“

„Du weißt aber wirklich Alles, Etela.“

„Wir freuen uns auch. Jarosch wirkt in letzter Zeit ziemlich friedlich.“

„Vielleicht liebt er das Weiche?“, fragt Karinka.

„Du Schlimme“, zischt Clara. Sie streichelt dabei Karinkas Hintern. Sie macht das sehr geschickt. Karinka zeigt gleich eine Reaktion. Die Brustwarzen werden steif.

„Jetzt kannst du kassieren gehen.“

Clara lacht. Sie drückt ihr die Brieftasche in die Hand.

„Das Geld ist abgezählt. Du haftest als Zahlkellner.“

Karinka freut sich. Endlich darf sie kassieren. Jetzt, wo keine Gäste mehr da sind. Sie findet das schade.

„Keine Angst. Du wirst die Brieftasche noch brauchen.“

Clara streichelt ihr über den Kopf.

Beim Bedienen bekommt Karinka das übliche Trinkgeld. Manchmal auch einen Klaps auf den Hintern. Auch wieder Scheine in den Ausschnitt des Dirndls. Dort sammelt sich heute bedeutend mehr Geld. Begleitet von Angeboten. Karinka lehnt nicht ab. Sie vertröstet auf später. Zwischen den Scheinen befinden sich Zettel mit Zimmernummern. Sorgfältig eingefaltet. Sie fragt sich gerade, was deren Frauen tun. Sollen die zuschauen? Mitmachen? Ausgehen? Eigentlich müsste sie das in Erfahrung bringen. Einfach am Tisch fragen? Das verschiebt sie auf später. Wenn der Alkohol etwas wirkt.

Autor: dersaisonkoch

Meisterkoch der DDR

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