Der Umzug
Bei ihren Bewerbungen hatte Gelika Kontakt mit einem Gasthaus in Saalbach – Hinterglemm. Der Gasthof gefällt ihr. Er liegt an einem kleinen See.
Es wird wohl eher ein Teich sein. Mit See in Touristenwerbungen, wird schnell etwas übertrieben. Vielleicht ist es nur die eigene Fischzucht, die als See verkauft wird. Immerhin rühmt sich das Haus der eigenen Fische. Es gibt reichlich Arbeit für das Hilfspersonal. Und die will sich Gelika nun antun. Am Telefon glaubt sie, etwas Heuchelei zu vernehmen. Hilft nichts. Das Geld muss verdient werden für die gemeinsame Zukunft mit Slavo.
Gelika ruft Slavo an. Slavo verspricht ihr, den Rasthof nie mehr zu besuchen. Gelika verspricht, Slavo den neuen Betrieb genauer zu zeigen. Beide zweifeln daran, sich in naher Zukunft zu sehen. Das Gebäude liegt nicht im Tourenbereich seiner Firma, sagt Slavo. Sie wollen sich zukünftig per Chat treffen. Auch gemeinsam unterhalten. Gelika ist zwar noch etwas skeptisch. Aber nach einem Versuch, ist sie davon überzeugt. Ihre junge Liebe wird dadurch nicht einschlafen.
Die Fahrt zur neuen Arbeitsstelle ist mit reichlich Wartezeiten an Baustellen gesegnet. Einen halben Tag verliert sie dadurch. Erst als es dunkel wird, kommt sie in dem neuen Betrieb an. Sie wird freundlich empfangen. Es gibt ein Schnitzel. Ein riesengroßes. Die Kollegin, welche dort aufhört, soll ihr den Betrieb zeigen. Dabei erfährt sie, sie ist die einzige Reinigungskraft.
„Mir war das zu viel“, sagt ihr eine ungarische Kollegin. Die Kollegin war recht schön und gut zurecht gemacht.
„Gibt es hier Discos?“
Gelika fragt, weil sie davon ausgeht, die Kollegin hat sich dafür zurecht gemacht.
„Discos gibt es hier reichlich. Praktisch, in fast jedem Wirtshaus.“
Bei dem zu erwartendem Pensum? Gelika geht nicht davon aus, jemals eine Disco von Innen zu sehen. Mit Wem soll sie da tanzen gehen? Slavo ist weit entfernt. Die Frage war oberflächlich gemeint. Sie wollte eigentlich nur erfahren, ob ihre Kollegin dazu Zeit fand. Wie scheint, nicht.
Die Chefin macht die Abrechnung. Gelika wurden Eintausend und Achthundert, Netto geboten. Unterkunft und Essen frei. Das hat sie überzeugt. Bei dem Netto, geht sie auch nicht von einer Fünf – Tage – Woche aus. Die Chefin bringt ihr das gerade schonend bei. Schön umschrieben.
Ihr Zimmer ist nicht mit dem vergleichbar, das sie im Rasthof hatte. Es wirkt etwas herunter gekommen. Abgelebt. Neue Möbel erwartet Gelika auch nicht. Ihr ist das so – lieber. Das Zimmer riecht nach Holz. Nach dem, mit dem die Wände verkleidet wurden. Zirbe soll das traditionell sein. Sie weiß es nicht. Es duftet aber angenehm und wirkt beruhigend.
Als sie sich wieder im Gastraum zeigt, sitzt die Bar voller Touristen. Die pfeifen schon ziemlich auffällig. Frauen sind nur zwei zugegen. Der Rest sind alles Männer. Einige scheinen einheimisch zu sein. Die Chefin betreut die Bar. Wie es scheint, betreiben die Wirtsleute das Haus allein. Bis jetzt, konnte Gelika keine anderen Kollegen sehen.
„Ist sie deine neue Hilfskraft?“, fragt einer der Gäste.
„Ja.“
„Die sieht recht brauchbar aus.“
Der Ton und die Wortwahl, lassen Gelika an der Intelligenz des Mannes zweifeln. Selbst die Chefin reagiert ziemlich abweisend. Mit ihrem Gesichtsausdruck. Gelika würde das so übersetzen: „Der ist ein Idiot. Alkoholiker.“
Seine Sprache ist der einheimischen ziemlich ähnlich. Trotzdem gibt der sich als Deutscher aus im Laufe der Zeit. Gelika erinnert sich an die vielen bayrischen Touristen in ihrer Heimat.
„Morgen, zum Frühstück, zeige ich dir deine Aufgaben“, sagt die Chefin. Bis jetzt, hat sie sich nicht mit ihrem Namen vorgestellt. Gelika bemerkt aber, sie hat schon den zweiten Schoppen Wein getrunken. Den haben ihr die Bargäste aus gegeben.
Gelika geht wieder auf ihr Zimmer. Sie versucht, dem Fernseher einen Film zu entlocken. Zwei Programme laufen auf dem Gerät. Die anderen sind verschlüsselt. Das eine Programm zeigt eine langweilige Talkshow. Abgehalfterte prominente Kranke, bekommen eine verdeckte Gehaltszahlung von den Rundfunkgebühren. Auf dem zweiten Kanal läuft ein Film. Besser gesagt, eine Serie. Langweilig und schlecht. Miese Schauspieler haben eine Arbeit gefunden. Wieder für das Geld aus dem Gebührensäckel.
Gelika stellt das Schauspiel ab. Sie hört sich das Internetradio aus ihrem Telefon an. Dort versteht sie wenigstens kein Wort. Das lässt sie beruhigt einschlafen.
Den Ohrhörer hatte sie vergessen, heraus zu nehmen. Der Klingelton des Weckers, hat sie fast erschrecken lassen. Sie macht sich frisch und kleidet sich mit dem Trainingsanzug. Mehr hat sie nicht.