Am Morgen fahren Beide mit dem Fahrrad zum Hotel. Zu Fuß gehen sie zu Slavos Lastwagen. Der Lastwagen hat eine automatische Klimaanlage. Es ist schön warm drinnen. Gelika soll sich noch etwas hinlegen. Bis Bozen. Wegen der Zeitumstellung, ist es morgens zu dunkel, um die Landschaft zu bewundern.
„Das ist eine ganze Wohnung hier.“, sagt Gelika.
„Mehr brauche ich nicht ohne dich.“
Gelika kann nicht schlafen. Sie möchte sehen, wie Slavo fährt. Sie möchte ihn auch unterhalten. Gegen die Müdigkeit. Slavo ist sehr dankbar dafür. Gelika serviert Kaffee. Slavo bedankt sich mit einem Küsschen.
In Schluderns begegnet ihnen schon die erste Streife.
„Ihren Impfnachweis bitte.“
Mit einem Scanner gehen sie an Slavos und Gelikas Telefon.
„Gute Fahrt.“
„Wir werden sicher bis Verona von zehn bis zwanzig Kontrollen angehalten“, sagt warnend Slavo. „Die drehen völlig durch.“
Gelika bedauert ihn. Sie dachte, ihre Arbeit wäre schon schlimm. Das hier, ist bedeutend schlimmer. Wie kann man unter diesen Verhältnissen arbeiten? Menschenwürdig? Die Frage wurmt Gelika.
In Bozen sieht Gelika das erste Mal den Stau vor einer Maustation. Um diese Zeit sind reichlich Kollegen von Slavo unterwegs. Alle haben es scheinbar eilig. Slavo muss zuerst in das Gewerbezentrum. Dort wird sein Container umgehangen. In der Station ist eine kleine Cafeteria. Die ist übervoll. Vor der Tür. Alle rauchen und reden miteinander. Gelika hört alle ihr bekannten Sprachen. Es dauert nicht lange und sie wird angesprochen.
„Willst du mitfahren?“
„Ich fahre schon mit.“
„Doch nicht etwa mit Slavo?“
„Ja. Kennst du den?“
„Von hier. Wir treffen uns sonst nie.“
Es dauert etwa dreißig Minuten bis Slavo kommt. Er grüßt seine Kollegen. Man fragt schnell, wohin es heute geht. Aus dem Süden kommende Fahrer, berichten von Baustellen und Kontrollen. Gelika hört teilweise zu. In Affi gäbe es eine Großrazzia. Dort stehen etwa fünfzig Carabinieri. Auch Testzelte und reichlich medizinisches Personal.
„Das wird uns sicher einige Zeit kosten“, deutet Slavo an. Sein Kollege sagt, er hätte eine Stunde da verloren.
„Eine Stunde ist ja noch erträglich“, antwortet Slavo.
„Mit den anderen Aufenthalten, kommen leicht drei bis vier Stunden zusammen“, gibt der Kollege den Zweien mit auf den Weg. Slavo drängt. Jetzt weiß er, warum es heute die Kollegen so eilig haben.
„Das gibt sicher viele Unfälle“, sagt Slavo.“Die Hektik ist nicht gut in unserer Branche.“
„Zählt dieser Aufenthalt auch als Fahrpause?“, will Gelika wissen.
„Ja. Das wird addiert.“
Das Gedränge an der Mautstation, kennt Gelika noch aus Sterzing und vom Brennerpass. Eigentlich haben Lastwagen eigene Spuren. Die sind aber immer von Fahrern besetzt, die ihren SUV mit einem Lastwagen verwechseln. Dazu fummeln die an den Zahleinrichtungen herum, als würden sie diese Kasse das erste Mal erleben. Wenn man das Portemonnaie erst nach der Aufforderung durch den krächzenden Lautsprecher heraus holt, bestehen bei Slavo Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit. Er schimpft leise vor sich hin. Obwohl er das gewohnt ist.
„Die Intelligenz hat schwer gelitten in den letzten Jahren.“
Einige Lastwagenfahrer hupen. Der Mann an der Kasse zuckt zusammen. Er hebt die Hand, schlägt sich auf die Stirn und entschuldigt sich mit reichlich Gesten.
„Das ist nur gespielt“, sagt Slavo. „Die machen das immer so. Auch auf der Autobahn.“
Beide lachen.
„Auf Reisen, kann man ein Volk kennenlernen. Den wahren Charakter“, sagt Gelika.