Leseprobe Der Saisonkoch – Zweiter Monat


Die Flüge in und von diesem Urlaub waren vergleichbar mit Gefängnistransporten, so eng saßen wir. Zehn Stunden voller Qualen für ein paar Tage Urlaub in Westkultur. Wir hatten uns vorgenommen, das nie wieder zu tun.

Insgesamt war der Urlaub vor Ort recht nett. Der schlimmste Eindruck für uns war das direkte Kennenlernen der anderen Deutschen samt ihren Kontrollorganen auf den Flugplätzen. Die unglaubliche Überheblichkeit, gepaart mit einer Dummheit, die uns so – fremd ist. Wir bekamen das auch umgehend gesagt von unseren Gastgebern. Sie meinen, wir DDR – Bürger wären wesentlich zugänglicher und freundlicher als die Westdeutschen. Alfred und Marco aus Nauders bestätigen uns das immer aufs Neue.

Kaum sind wir da, begrüßt uns schon Dursun mit „Gesundes Neues Jahr, Ihr Beiden!“

„Gleichfalls; auch Deiner Familie, Dursun.“

„Danke. Wie war de Feier?“

„Beschissen, wie immer.“

„Haschte ni gefeiert?“

„Wir feiern das ni, Dursun.“

„Ah, okay; alles kloar.“

Marlies rennt gerade bei ihrem Frühstücksservice. „Guten Morgen“, kommt ihr gerade so über die Lippen und schon ist sie weg. Ihr Neujahrsmorgen ist praktisch schon der erste Dauerlauf im Neuen Jahr. An Feiertagen hat sie etwas mehr zu tun, weil sie die Brötchen und Backwaren selbst aufbacken muss. Marco bezieht sie als Gefriersortiment. Die gefrorenen Teiglinge sind etwas angebacken und müssen noch, rund fünfzehn Minuten lang, fertig gebacken werden. Die Methode hat sich in den letzten Jahren immer mehr durchgesetzt und sie entlastet auch etwas die örtlichen Bäckereien. Marlies kommt zurück und wünscht uns ein Gesundes Neues Jahr, was wir ihr natürlich auch wünschen. Marco ist noch nicht da und wir beschließen, nach einem Schluck Kaffee, ins Zimmer zu gehen. Im Foyer herrscht, bis auf ein paar Frühstücksgäste, Totenstille.

Unser Zimmer ist recht warm aber riecht etwas muffig. Joana öffnet kurz das Fenster zum Lüften und geht schon mal ins Bad, sich frisch machen.

„Willst Du glei los machen?“

„Ja. Nach’m duschen.“

„Ich schmeiß mich noch ne Stunde hin.“

„Stell Dir ’n Wecker.“

Joana ist schon wieder im Arbeitstrance. Die Zimmermädchen haben im Neuen Jahr ganz sicher reichlich zu tun. Und das beschäftigt sie natürlich schon jetzt. Neben der Zimmer- und Badwäsche mit den entsprechenden Spuren, ist auch die Tisch- und Küchenwäsche fällig. Vom Haus und den Toiletten möchte ich nicht schweigen. Das wird praktisch die erste Kotzübung des Neuen Jahres. Das überstehen nur die Härtesten ohne Appetitsverlust. Bei den Zimmermädchen können wir heute sicher Personalessen sparen. Vom Nachtbuffet ist noch eine Menge übrig. Ich hab es im Kühlhaus gesehen.

Kurz vor Acht, klingelt unser Wecker. Joana hat mich nicht geweckt und es riecht auch nicht nach Kaffee. Unser Zimmer ist jetzt etwas frisch, um nicht kalt zu sagen. Dafür ist der muffige Geruch weg. Im Bad riecht es nach Joanas Parfüm. Meinen Kaffee werde ich hier im Bad trinken. Hier ist es schön warm.

Im Personalraum sitzen alle Kollegen. Wir wünschen uns ein Gesundes Neues Jahr. Einige küssen sich untereinander. Marco sieht etwas verbraucht aus heute. „Wie lange hast Du gestern gefeiert?“, frage ich ihn.

„Du meinst, heute!“

„Wann bist Du ins Bett?“

„Gerade eben. Kurz, bevor Du gekommen bist.“

„Wer war die Glückliche?“

„Schau Dich um. Das siehst Du sicher.“

‚Naja‘, denk ich mir. `Die sehen alle recht zufrieden aus.`

„Meinst Du Alle?“

Marco kann sich kaum halten vor Lachen.

„Schön wär’s.“

Wenn ich so genau hin schaue, sieht Mira etwas glücklicher aus als ihre Kolleginnen. Ich frage Marco nicht. Das ist seine Sache. Marco kann bei den Kolleginnen nichts falsch machen. Sie sind alle schön und wunderschön. So wunderschön, wie meine Joana. Viele Zimmermädchen neigen wegen ihrer Arbeit etwas zur Hyperaktivität, die sich im freizeitlichen Zusammenleben schwer bremsen lässt. Marco dürfte damit gut zurecht kommen. Als Koch muss Unsereiner schon auch ein Spur Hyperaktivität besitzen. „Was hattest Du Gestern als Galamenü, Marco?“

Fortsetzung Der Betrieb läuft


„Früher haben wir wenigstens Ausfahrten und Konzerte bekommen. Das ist wie weg geblasen.“

„Ja. Aber Du hast gesagt, Kommunisten sind Scheiße.“

„Jetzt muss ich sogar beim Doktor bezahlen. Der will zehn Mark und hält mir seinen Lauscher an die Brust. Das wars.“

Ich muss die Zwei nach Hause fahren. Sie haben nicht mal das Fahrgeld, das sich verzehnfacht hat. Manne kann den Arzt nicht mehr bezahlen. Gerlinde auch nicht. Die Drei leben in Existenzangst. Wir packen ihnen etwas Essen zusammen, ein paar Brote, Konserven und ich fahre sie nach Hause. Trostlos endet was blühend begann.

Das kommende Wochenende kommt schon der erste Bus. Unser Ort hat jetzt angeblich eine Partnergemeinde im Westen. Und die besuchen uns. Die blöden Kommentare unterscheiden sich kaum von den Kommentaren der Gäste unserer ersten Gaststätte. Im Gegenteil. Sie sind erniedrigender. „Warum schmeißt Du die nicht raus“, zischt Joana. „ Die angepinselten Nutten mit ihren großen Fressen. Keine von denen hat je gearbeitet.“

Joana hat schon Recht. Geschenke haben die keine mit. Nicht mal Souveniers. Wer hat denen die Fahrt gezahlt?

„Wir haben eine Spendensammlung für Wunderbachwitz gemacht. Der Pfarrer freut sich.“

„Das glaub ich gerne. Der hat es auch bitter nötig.“

„Was gibt es denn heute zu Essen?“

„Die Gemeinde bezahlt Ihnen heute:

Champignonsuppe

Salatteller

Roulade mit seidenen Klößen und Anhaltiner Spargel

Eierschecke mit einem Kirschlikör“

„Spargel haben wir selbst zu Hause, massenhaft.“

„Aber der Gemeinderat, dem auch maßgeblich Bürger ihrer Stadt angehören, hat dieses Menü genehmigt.“

Nach dem Essen sagen mehrere, „der Spargel schmeckt besser als unserer:“

„Vielleicht kann ich ihn besser kochen?“

So habe ich wenigstens dabei, für etwas voreingenommene Unterhaltung gesorgt.

Am frühen Morgen lernen wir das erste Mal, wie sich Westdeutsche an einem Frühstücksbuffet benehmen. Sie packen Alles ein, was nach Essen aussieht. Aber auch unsere Dekoartikel. Mundgeblasene Vasen aus Lauscha. Jetzt ist das privates Westeigentum, das mit Waffen verteidigt wird im Notfall. Die kleinen Schnitzereien aus unserer Glasvitrine, sind auch in ihren Taschen gelandet. Ich frage sie bei der Abreise, ob sie zufälligerweise etwas mitgenommen hätten.

„Nej“, schallt es fast einhellig aus ihren breiten Fressen.

„Soll ich erst die Polizei holen?“

„Unsere Polizei ist doch schon da“, antwortet dieses Drecksvolk, laut lachend.

Ich rufe auf der Gemeinde an und sage Bescheid, dass ich dieses Gesindel nie wieder aufnehme. Die haben bei uns Hausverbot!

Fortsetzung folgt

Der Betrieb läuft


Unsere Hausgäste sind alle schon weg. Sie kommen im Laufe des Tages wieder. Dann haben wir auch unser Restaurant geöffnet.

Mischa kommt wieder. Er will mir etwas helfen.

Rolf und Julia bauen oben in unserer Dusche. Dann geht er teilweise noch bestimmte Leitungen abdrücken und kontrollieren.

„Alles bestens. Wir sind fertig.“

„Wunderbar.“

Er gibt mir die Rechnung. Mit der Heizanlage, möchte er über zweihundert Tausend. Den Materialkauf haben wir schon vorfinanziert. Es gab zwischendurch Ärger, weil die Bank einen Lieferanten nicht zahlte. Rolf und Julia sind mit uns auf die Bank gefahren. Er hat getobt dort. Zwei Tage später war das Geld da. Wir stellten uns gerade vor, Rolf wäre ein DDR Handwerker. Julia schüttelt den Kopf. Sie kann die Gebaren nicht verstehen.

„Die fühlen sich hier auf wie der letzte Abschaum. Zu Hause würden die sich das nicht getrauen.“

Die Zwei schämen sich aufrichtig für ihre Landsleute aus dem Westen.

Joanas Mutter ruft an. „Es ist was Schlimmes passiert!“

„Was?“

„Nicht am Telefon. Kommt mal her. Allein!“

Wir entschuldigen uns bei Steffen und Mischa. Sie sollen derweil mal auf unser Haus aufpassen. Sie versprechen das.

Fortsetzung Die Eröffnung


Zu der Zeit war der Plan leicht umsetzbar. Es gab einfach zu wenig Zimmer. Ein Berater aus dem Westen sagt uns, in der ersten Woche des Monats müssen sämtliche Kosten des gesamten Monats verdient sein. Unter dem würde das Geschäft nicht laufen. Wir sollen bei allen Preisen einen Hebesatz von Fünf anwenden. Also, Nettoeinkaufspreis mal Fünf. Die Ersten, die sich bei uns über die Preise beklagen, sind ausgerechnet Westdeutsche. Die Berater wurden uns meistens von der Bank geschickt. Sie begleiten uns sehr lange. Wir sehen das als gute Geste der Bank. Unsere Hausbank bucht auch sehr oft Zimmer bei uns.

Nach dem Mittag habe ich etwas Zeit und die möchte ich gern nutzen, endlich mal die Inhalte der Päckchen zu testen, die mir Karin und Steffen mitgebracht haben. Ich klopfe bei Steffen.

Selbstzensur

Fortsetzung folgt

Fortsetzung Die Eröffnung


Eine der beiden Bedienungen soll mir in der Küche helfen bei Bedarf. Eigentlich gehe ich davon aus, Rosi wäre gut geeignet. Sie ist schließlich eine Frau. Für gewöhnlich, kochen auch in der DDR mehrheitlich die Frauen. Zumindest machen sie das Abendbrot. An ihrem Gesicht kann ich erkennen, ihr ist das nicht besonders angenehm. Wir einigen uns darauf, Rosi und Andi helfen abwechselnd in der Küche.

Unsere lieben Familienmitglieder kommen natürlich zuerst zum Frühstück. Sie wollen schnell abreisen und uns Platz machen für die Hausgäste.

Heute bereitet Rosi unter Anleitung von Joana das Frühstück zu. Morgen, am ersten Öffnungstag, soll das Andi tun. Rosi bekommt einen roten Kopf. Sie schwitzt. Dabei ist die Frühstücksküche relativ einfach und gemütlich. Ein gutes Aufwärmprogramm für den Tag. Andi bedient, bestellt und serviert. Schon bei den Fünf-Minuteneiern gibt es die ersten Probleme. Völlig normal bei Neueröffnungen. Und trotzdem werden die zwei Profis nervös.

Nach dem Frühstück sagt Andi zu mir: „Für uns Zwei ist das nichts.“ Rosi steht dahinter und nickt.

„Ihr wollt also gehen?“, fragt Joana.

„Ja“

„Na denn. Auf Wiedersehen.“

Und schon waren de Zwei weg. Rosi hätte beinahe unsere Schürze mit genommen. Joana hat das verhindert. Die Schürzen sind nicht billig. In der DDR hat das vielleicht funktioniert. Jetzt weht aber ein etwas anderer Wind. Firmeneigentum ist plötzlich kein Volkseigentum mehr. Das zumindest behaupten jetzt die Firmenbesitzer. Und wir sind hoch verschuldete Besitzer. Verwalter wäre vielleicht der passende Begriff. So lange die Bank im Grundbuch steht, sind wir Zwei Angestellte der Bank.

Andrea kann das nicht begreifen. Sie sagt zu Joana: „Das Frühstück übernehme ich mit.“

Unsere Freude ist groß. Eine Sorge weniger. Andrea will also jetzt das Frühstück und die Zimmer machen. Joana wird ihr sicher helfen dabei. Die Zwei geben ein gutes Team.

Karin holt Steffen aus dem Zimmer. Steffen stellt sich noch einmal allen Verwanden vor. Mischa auch. Alle Verwanden verabschieden sich von uns. Wir begleiten sie bis auf unseren Parkplatz und winken zum Abschied.

Alle, die da geblieben sind, holen jetzt ein gemeinsames Frühstück nach. Karin setzt sich neben Joana und legt sofort die Hand auf Joanas Oberschenkel. „Unersättlich“, sag ich zu Karin.

„Wenn Du heute etwas Zeit hast, kannst Du Deine Geschenke mal ausprobieren“, sagt Steffen zu mir.

„Wie viele hast Du mir denn mitgebracht?“

„Zehn“, antwortet Karin. Sie rollt dabei mir den Augen. Dabei gehen mir die gemeinsamen Duschgänge an der Trasse durch den Kopf. Karin wollte zu gern den Rücken gewaschen haben. Schon bei den ersten zwei Strichen über den Rücken hat sie sich umgedreht. Mit ihren Brustwarzen hätten wir die Eintrittskarten entwerten können.

„Steffen lacht laut.“ Eifersucht ist meinem Freund Steffen ein Fremdwort. Der lebt in vollen Zügen.

„Willst Du die Dinger allein ausprobieren?“

„Ehrlich gesagt, wäre mir das lieber.“

„Ist gut. Ich zeige Dir dann mal, wie die Dinger richtig benutzt werden.“

Einkauf ist heute keiner mehr zu erledigen. Die Lieferungen sind alle im Haus. An der Tür stehen schon die ersten Vertreter. Wir haben immer noch unseren Ruhetag. Die ersten zwei wollen mir Abonnements für Zeitungen aufdrehen. Dann kommen zwei mit Versicherungen. Und noch vor dem Mittag, kommen Vertreter für Gläser, Geschirr, Getränke, Gefrierkost, Autozubehör und Hotelkataloge.

Wir schließen erst mal die Tür. Das war uns wirklich zu lästig. Nicht einer sprach sächsisch. Alle waren irgendwie verlebte, fast verlaust wirkende Westler. Wir würden diese Gestalten als Penner oder Säufer abtun. Wie kann man sich so seinen Lebensunterhalt verdienen? Grauenvoll!

Am frühen Nachmittag rücken die ersten Übernachtungen ein. Mutter hat sie geschickt. Andere, bereits ausgebuchte Kollegen, schickten uns auch Gäste. Bis jetzt scheint das zu funktionieren. Selbst an unserem Ruhetag. Wenn sich das so fortsetzt, ist eigentlich auch unser Ruhetag für die Katz. Steffen und Karin haben das sofort begriffen.

Andre und Joana wollen schnell die Zimmer her richten. Karin geht mit. Sie blinzelt Karin schon so verdächtig an. Irgendwie sieht Karin, wer es nötig hat. „Ich mach die Zimmer gleich mit.“

Steffen lacht schon wieder.

„Bleibt ihr noch etwas?“

„Bis zum Wochenende können wir schon bleiben.“

Steffen interessiert sich sehr, wie unser Betrieb läuft.

Bei jedem Klopfen an der Tür öffne ich einen Spalt und frage, was die Herrschaften möchten. Vertreter schicke ich umgehend weg. Einige Vertreter suchen aber eine Übernachtung. Und die lasse ich sofort rein mit dem Hinweis, dass wir heute noch Ruhetag haben. Das war allen recht. Unser Hotel ist voll belegt.

Unsere Zimmerpreise haben wir pro Zimmer verlangt. Uns war eigentlich egal, wie viele Gäste auf dem Zimmer liegen. Das erschien uns günstiger als den Preis pro Person zu berechnen. Wir hätten überwachen müssen, ob sich unsere Gäste über Nacht noch einen Beischläfer einladen.

Das war uns zu viel Aufwand. In unseren Augen wäre das auch zu viel Schnüffelei.

Die Eröffnung


Die Eröffnung

Selbstverständlich muss eine Eröffnung anständig vorbereitet werden. Leider gibt es noch keine Lieferanten mit einem Vollsortiment bei uns. Aus dem Grund, haben wir uns ein Auto zulegen müssen, mit dem wir den Einkauf hin bekommen. Für unseren Einkauf mussten wir anfangs weit fahren. Bis in den Westen nach Nürnberg. Wegen der zu zahlenden Zinsen samt Tilgung, waren wir natürlich gezwungen, unsere Umsätze komplett zu erklären. Betrugsmöglichkeiten wie im Westen, hatten wir wenig bis keine. Ein Finanzamt möchte schon gern wissen, woher wir das Geld nehmen, mit dem wir unsere Raten bezahlen. Wohl dem, der keinen Kredit benötigt. Damit ergibt sich schon ein gewaltiger Wettbewerbsnachteil für DDR Unternehmer. Bekanntlich sorgen Schulden auch für Gewissensbisse und Krämpfe. Zumindest bei den Bürgern, die sich eines Gewissens bedienen.

Auf unseren Touren in dieser heißen Gegend, gab es natürlich täglich Unfälle aller Schweregrade. Die Heimfahrt war praktisch immer ein Lottospiel für uns. Joana verkrampfte sich regelmäßig an den Haltegriffen der Autotüren. Bisweilen quälte mich die Befürchtung, sie hätte irgendwann einmal die Tür in der Hand. Natürlich waren meine Fahrmanöver am Rande von riskant. In Rennfahrerkreisen würden wir meine Fahrweise als sportlich bezeichnen. Unseren Fahrgästen wurde es regelmäßig schlecht auf einer Tour mit uns. Ich dachte schon darüber nach, die Kotztüten für Flugzeuge im Auto zu deponieren.

Bei der Grundreinigung zu Hause durften wir feststellen, Hausreinigung ist nicht jedermanns Sache. Und gerade unsere lieben DDR Frauen hatten teilweise schwere Probleme damit. Vielleicht liegt es nur daran, dass die wenigsten Frauen wirklich für das Putzen ausgebildet sind. Es könnte auch sein, sie lieben das Putzen nicht sonderlich. Joana hat das kontrolliert und wir mussten schon in den ersten Tagen, Laufpässe verteilen. Natürlich sind unsere Mitarbeiter sämtlich aus der Gegend. Wir haben keine Fremdarbeiter für niedere Tätigkeiten importiert. Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder wir lernen das oder wir verlieren. DDR Bürger fühlen sich zu dieser Zeit als ein Volk, das gemeinsam diese Anstrengung angeht. Die Laufpässe und der dahinter stehende neue gesellschaftliche Druck, sorgen natürlich für reichlich Unmut. Wir mussten zu mancher Aussprache gehen und unser Anliegen verteidigen. Und da lagen natürlich auch persönliche Befangenheiten auf dem Tisch.

„Kannst Du Dich erinnern? Du hast bei uns gearbeitet. Der Fleißigste warst Du nicht!“ Der Vergleich mit der Schulzeit ist zwar ehrlich gemeint, aber ganz sicher fehl am Platz. Junge Menschen müssen zur Arbeit erst erzogen werden. Wenn die Lehre aber in einem ganz anderen Bereich stattfand, hilft auch keine Entschuldigung. Dann ist die Person für diesen Beruf einfach nicht geeignet. Zeit für die entsprechende Ausbildung haben wir aber nicht bei einer Eröffnung.

Karin und Steffen kommen an. Mit ihrem Protzschlitten natürlich. Der Gepäckraum war wieder voll mit Gaben für Joana. Für mich waren auch einige dabei.

„Für Deinen schlappen Jungen haben wir auch Geräte mit. Die Kur wird Dir gefallen.“

Karin beugt sich über den Kofferraum. Ich kann ihr bis in den Magen schauen.

„Habt Ihr schon Etwas gegessen?“, ist das Einzige, was mir gerade einfällt. Karin schaut mir über die linke Schulter in die Augen. Sie kontrolliert, wie ich das meine. Steffen stutzt mich mit einer Flasche Metaxa an und grinst.

„Hast Du auch Wilthener mit?“

„Das Hessengesöff?“

„Wieso Hessen?“

„Die haben Wilthen übernommen:“

„Naja. Dann trinken wir eben Metaxa zusammen.“

Fortsetzung folgt

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