
Der Saisonkoch – Wintersaison 2 redigiert

Tag 82
Gestern bat ich Joana, mich mit zu wecken wenn sie aufsteht. Heute tut sie das und wir können wieder Mal zusammen unseren ersten Kaffee trinken. Sie findet meinen Arbeitsweg etwas lang. Ich soll zu Hause übernachten, wenn ich in Bozen arbeite. Innerlich macht mich das krank. Nicht etwa vor Eifersucht. Ich brauche abends Jemand zum Reden. Joana braucht das auch. Wir sind in diesem Umfeld aufgewachsen in der DDR. Da gab es keinen Grund, schwermütig zu sein. Das erinnert mich an ein schönes Zitat aus Crocodile Dundee. Man erzählt seinen Kollegen oder Freunden etwas von dem, was einem bedrückt und schon weiß es der ganze Ort. Die Freunde und das Kollektiv reagieren unterschiedlich darauf und schon wächst die Chance, den Schwermut wirksam zu beseitigen. Das hat mir geholfen, ein Leben lang, lächelnd auf Arbeit zu kommen. Das Verhalten erfordert einen gewissen Grad an Naivität. Unter Freunden und echten Kollegen dürfte das kein Problem sein. Das Problem entsteht erst, wenn sich keine Gelegenheit findet, Freundschaften aufzubauen.
Joana duftet heute, wie ein Abteil eines edlen Parfümladens. Sie sagt mir, sie hätte von einem Gast ein Sortiment Proben geschenkt bekommen. So als Trinkgeld. Ich frage sie, ob sie dafür sein Zimmer ohne Unterhosen geputzt hätte.
„Der Einfall ist nicht schlecht“, ist die Antwort.
Wir gehen zusammen zu Marlies. Es klingt wie ein Witz, aber unser Kaffee steht schon da. Wer horcht an unserer Tür? Woher weiß Marlies, wann wir runter kommen.
Marlies hat offensichtlich den gleichen Hotelgast bedient. Sie duftet auch wie ein Rosenbeet. Sie bevorzugte eine andere Probe. Dursun und Alfred sind auch da. Alfred sieht etwas matt aus. Dursun scherzt und sagt, er sähe immer so aus, wenn wenig Gäste im Haus sind. Und schon sind wir bei der Behandlung von Schwermut.
Auf Alfreds Nachfrage, erzähle ich von Bozen. Er kennt den Betrieb. Ach den Chef. „Ein Trottel“, sagt er beiläufig. In den Kreisen der Hoteliers kennt man sich länderübergreifend, scheint mir. Je weiter ich von einem Hotelier weg bin, desto ehrlicher wird die Meinung der Kollegen über ihn. Erstaunlich. Langsam aber sicher wird es Zeit, ein Portal der Saisonarbeiter aufzubauen, die dort ihre Arbeitgeber bewerten können. Da stünden sicher mehr Bewertungen mit einem Stern als auf den Hotelbewertungen diverser Reiseportale. Und die wären sicher wahrer als jene bei den Hotelbewertungen der Reiseportale. Das setzt natürlich eine Mitgliedschaft voraus. Ich stelle mir gerade vor, wie viele arbeitslose Anwälte bei so einem öffentlichen Portal, eine Beschäftigung fänden.
Unterdrückung beginnt mit der Zerschlagung von Geschlossenheit. Dabei sollte dem Arbeiter klar sein, dass alle Unterdrücker, geschlossen, mit allen Mitteln agieren können. Auch, wenn es Einem so, nicht besonders auffällt. Die Leute eint eine oder mehrere Charaktereigenschaften.
Alfred tröstet mich und sagt: „Such weiter. Es ist bald Sommersaison. So hast Du auch ein kleines Auskommen.“ Der Trost tut gut. Ich dränge etwas. Eigentlich wollte ich gegen Acht da sein. Neun würde auch reichen. Aber, am ersten Tag…soll es eher etwas überpünktlich sein.
Marlies drückt mir eine Semmel in die Hand. Mit Speckfett. Hierzulande nennt sich das wohl Grammelschmalz. „Wir haben auch frisches Gehackertes gemacht. Willst Du das auch mal probieren?“ Gehackertes ist praktisch geräucherte Bratwurst ohne Darm. Mancherorts wird das mit Darm auch als Knacker verkauft. In Sachsen zum Beispiel. Luftgetrocknet ist das eine Kaminwurzen.
Eigentlich bin ich nicht unbedingt für Frühstück. Und schon gar nicht in der Dimension. Ich kann mir das aber für abends aufheben. Vor allem, wenn ich nicht mehr nach Nauders komme nach dem Dienst.
Die Fahrt heute wird ein Klacks. Auf der Hauptstraße ist kaum Verkehr. Und das bleibt bis Schlanders so. Ich sehe auch kaum Schwerverkehr. Mittwoch scheint sich als Umwelttag in Südtirol zu etablieren. Immerhin richtet ein Lastkraftwagen, Umweltschäden für zehntausend normale Personenkraftwagen an. SUV‘s sind davon ausgenommen. Ein Idiot in so einem Panzer richtet mehr Schaden an als ein professioneller Lastwagenfahrer mit einem großzügigen Zeitfenster. Die sind leider knapp. Genau in dem Augenblick begegne ich einem Mila Lastwagen. Ein Genuss. Das sind die Einzigen, die Rechts fahren können in Südtirol. Jedes Mal, wenn ich so einem Lastwagen begegne, zuckt mir die Hand für einen Gruß und ein Dankeschön. Tankwagen erfordern ein besonderes Geschick. Die Jungs fahren eine Flüssigkeit. Unsereiner hat schon Probleme, zu Zweit einen gut gefüllten Topf zu transportieren. Nun stellen Sie sich vor, das tausendfache Volumen bewegt sich in ihrem Kofferraum und in Ihrem Anhänger. Erst dann können Sie wirklich einschätzen, was diese Jungs beherrschen. Stellen Sie sich vor, Sie machen eine starke Bremsung und die zehntausend Liter drücken an Ihrem Sitz unmittelbar nach der Bremsung. Sie würden staunen, was sich Alles aus Ihrem Darm zu befreien versucht.
In Sibirien war ich sehr oft mit solchen Lastwagen unterwegs. Ich hatte jedes Mal Krämpfe in meinen Händen. Vom Ankrallen an allen möglichen Griffen, die zu dem Zeitpunkt erreichbar waren.
Kurz vor der Töll in Partschins, bildete sich ein Stau. Ich weiß nicht warum. Meines Erachtens, gibt es dort immer Stau am frühen Morgen. Das ist ein Nadelöhr. Ich habe das Fahrzeug getauscht und bin mit meinem Motorrad unterwegs. Ich kann mich gut durchdrängen.
Ich denke an die Zeit zurück, als wir dort noch die Serpentinen in Richtung Forst fuhren. Fast jeden Morgen gab es Stau wegen eines Unfalles. Ich möchte jetzt nicht die vielen Krüppel zählen, die allein an dieser Stelle zu beklagen waren. Das Motorrad war für mich das einzige Fahrzeug, bei dem ich dort die Chance hatte, gesund durch zu kommen. Geschnittene Kurven und mangelnder Rechtsverkehr, waren nicht selten Ursache sehr böser Unfälle mit erheblichen Schäden. In Touristensaisonen war diese Straße lebensbedrohlich.
Ich komme flüssig durch mit knapp zehn Minuten Zeitverlust.
Auf der MEBO fährt unser Arbeiterverkehr recht flüssig, auch etwas schneller als vorgeschrieben. Ich denke, das ist so geduldet und vielleicht sogar erwünscht. In Bozen mache ich schnell die Bekanntschaft von echtem Zeitverlust. Wer durch die Stadt muss der Arbeit wegen, verliert pro Tag sicher eine Stunde. Bei vier Arbeitswegen, doppelt so viel. Mit dem Zweirad hat man wenigstens die Chance, Lücken zu nutzen. Die Zweiradfahrer sind damit schon mal die Pünktlichsten auf Arbeit.
Ich fahre das unglaubliche Geschlängel auf den Weinberg. Es gibt gelegentlich Gegenverkehr. Oft glaube ich, deren Fahrer sind nicht besonders nüchtern oder sehr abgelenkt. Die Straße ist mit reichlich kleinen Steinen belegt. Sie fährt sich fast wie ein Kiesweg. Die Reifen halten hier nicht besonders lange. Im Winter fahre ich immer recht weiche Reifenmischungen.
Statt Unten zu parken, fahre ich wieder bis ans Hotelrestaurant. Kaum bin ich Oben, schauen mich wieder böse Augen an. Dieses Mal durch das Fenster. Also ohne Geschrei. Unter dem Helm hätte ich das eh kaum vernommen. Mir ist das auch egal. Entweder sucht man einen Koch und der kommt bis zu seinem Arbeitsplatz oder man sucht einen Wanderer. In den eher abgelegenen Hütten muss ich Beides sein. Bis jetzt ist das Motorrad aber meins. Die Verantwortung dafür habe ich. Schäden bezahlt mir keiner dieser Arbeitgeber.
Ich gehe an der Rezeption vorbei, grüße und die gesetzte Frau zeigt mir, wo ich mich umziehen kann. Mit einem Blick in die Runde, versuche ich zu erkunden, ob irgendwo Kameras versteckt sind. Joana hat schon in Hotels gearbeitet, in denen selbst ihr Umkleideraum mit Kameras überwacht wurde. Die kranken Familienmitglieder haben sich mit dem Kino den Büroalltag etwas befeuchtet.
Oder war das eher die Vorauswahl für ein neues Familienmitglied? Vielleicht war der Mitschnitt auch ein Tauschgegenstand auf diversen Tauschbörsen. Jedenfalls fiel es Joana schwer, einem solchen Arbeitgeber die Hand zu geben.
In der Küche angekommen, begrüßen mich die Kollegen. Zwei sind Sarner und einer ein Bozener. Alle sind sehr freundlich und extrem hilfsbereit. Über den Betrieb oder die Arbeitsbedingungen konnte ich keinen meiner neuen Kollegen ausfragen. Sie schauten sich immer um bei ihren spärlichen Antworten. Und da soll mal Einer von der Stasi und DDR erzählen. Ich würde den glatt als krank ansehen.
Heute haben wir eine kleine Ausfahrt gemacht. Wir waren am Reschen. Hinüber nach Österreich zum Tanken haben wir uns nicht getraut.
Der Virusimport lief auf vollen Touren. Die geimpften Krankheitserreger aus sämtlichen nördlichen Regionen sind auf den Weg nach Südtirol und in den Trento.
Also, liebe Leser, Hände waschen ist wieder angesagt. Im Auto darf es auch ein Fläschchen Desinfektion sein.
Motorradfahrer trifft es weniger hart. Trotzdem wir uns an der Zapfsäule ruhig mit unseren Handschuhen bedienen können. Ausnahmsweise dürft Ihr auch Eure FFB – 6 – Maske, den Vollhelm, aufgesetzt lassen. Die FFB – 4 -Maske unter dem Helm geht auch. Das ist die Burka, welche in Frankreich verboten ist. Aktuell könnt Ihr die noch bei Amazon, Ebay usw. für zwei Euro das Stück erwerben. Der herzliche Dank dafür geht an unsere chinesischen Genossen.
Aktuell haben Motorradfahrer das Glück, von unseren freundlichen Carabinieri etwas weniger kontrolliert zu werden. Das ist uns auch lieb so. Die Carabinieri sollten sich schon auf die Virenschleudern aus dem Norden konzentrieren. Deren Feind ist eh das Wasser und die Toilettenanlagen. Liebe Motoristi. Das Kleingeschäft würde ich vorzugsweise eher am Straßenrand erledigen, ehe ich auf so eine Seuchenzentrale wie eine Gästetoilette gehe. Schließlich haben wir nichts zu verstecken. Die lichtdichten Kabinentoiletten sind für die Wagenführer der höheren Preisklasse reserviert.
Empfangt unsere Gäste freundlich und höflich. Sie sind krank und behindert. Nicht, dass sie uns nachsagen, wir würden Behinderte misshandeln. Ihr wisst, deren Medien ist Alles zu zutrauen.
Morgen wird ein Tag über zwanzig Grad. Also können auch wir Weicheier eine Runde wagen.
Winkt recht freundlich, wenn Ihr uns auf der Maschine seht.
Auf den Fotos in Richtung Süden und Norden werdet Ihr einen Unterschied sehen. Aus dem Norden kommt nichts Gutes. Eigentlich ist der See gesperrt. Einbruchgefahr. Wir sehen, selbst diese scheinbar unbedeutenden Hinweise sind zwecklos. Natürlich sind die Südtiroler daran Schuld, wenn von diesen Deppen, Einer einbricht. Das Schild war zu klein.
Tag 35
Unser Morgen beginnt mit einem, in letzter Zeit, etwas ungewohntem Ritual. Wir sind weit vor dem Weckruf aufgewacht und haben uns die Freizeit mit Genitalspielereien verkürzt. Wir trinken auch unseren Kaffee zusammen. Von Müdigkeit – keine Spur. Unsere Gespräche drehen sich nicht um eklige Bäder und Zimmer. Auch nicht um Einzelpersonen, deren Hinterlassenschaften und Gewohnheiten. Dieser Morgen dient der reinen Entspannung nach den Feiertagen. Generell dürfen wir von einer Art Befreiung sprechen, wenn der sechste Januar geschafft ist. Bis dahin reden wir von Feiertagsdruck. Neuerdings wird das als Stress bezeichnet, was eigentlich nur die Kollegen trifft, die fachlich wenig vorbereitet sind. Wir schauen uns noch den Anfang von einem Film gemeinsam an, „The Guard“, ein Lieblingsfilm Joanas, bei dem sich unsere Stimmung noch zusätzlich hebt. Joana geht schon ins Bad. Langsam wird es Zeit, zur Arbeit zu gehen.
Heute ist Freitag und freitags ist immer mit einem besonders frühem Ansturm zu rechnen. Ich werde sechs Uhr losfahren. Eigentlich wäre heute, Pünktlichkeit nicht so wichtig, aber ich will meinem Ruf nicht schaden. Auf dem Rückweg könnte ich ja noch bei zwei Gastbetrieben vorbei schauen, bei denen ich mich beworben habe. Vielleicht benötigen sie noch einen Koch. Es ist eine recht gutgehende Restauration dabei als auch ein Tanzbetrieb. Letzteres interessiert mich etwas weniger, weil ich dann ausnahmslos, abends arbeiten müsste und meine Joana nicht treffen würde. Joana würde keine Nacht mehr ruhig schlafen und sich permanent Sorgen machen.
Das Theater geht schon im Ort los. Die Abreisenden haben sich die Autos untereinander beschädigt und jetzt streiten sie lautstark auf dem Parkplatz rum. Ich höre Deutsch und Holländisch. Es fehlt nur noch, dass die sich schlagen. Je höher die Schulden, desto verbitterter der Streit. Mir fällt ein Film ein; Al Bundy, glaub ich, in dem es sich zwei Familien nach einem Unfall in einem Stau, richtig gaben. So in etwa, spielte sich dieser Streit ab.
Auf dem Weg in die Viadukte des Reschen in Richtung Pfunds, darf ich schon den zweiten Unfall bewundern. Ein Ausrutscher der feinsten Sorte. Selbst das Geländer hat der vollbeladene Dreitonnen – SUV raus gerissen. Der ganze Kram und selbst der, vom Buffet mitgenommene Reiseproviant, lagen am Rand und auf der Straße verstreut. Tja, Traktor fahren will gelernt sein. Der Fahrer will mich anhalten und ich solle ihm einen Abschleppdienst anrufen. Ich sage ihm, ich muss auf Arbeit und für seinen Kram habe ich keine Zeit. „Sie haben Urlaub und damit Zeit; ich nicht!“
„Wieder so ein Ostdeutscher. Die sind überall!“
„Wegen ihnen“, antworte ich dem Troll.
Seine Frau steht in Pelz und Pantalons mit hohen Stiefeln im Schnee. Sie kreischt irgendetwas, das ich nicht verstehen kann. In dem Aufzug, hätte ich die Dame eher am Straßenrand in einer Großstadt gesucht, aber sicher nicht in einer Schneewehe. Obwohl; der Straßenrand passt schon. Unsere Fernfahrer aus dem Osten, würden sich schon freuen.
Bis Prutz geht es ziemlich zügig und ab da, wird der Verkehr ziemlich dick.
Gestern war ich mal mit dem Motorrad auf dem Reschen. Im unteren Vinschgau war es ziemlich kalt bei meinem Start um Zwei. Ab Schlanders wurde es wärmer. Am wärmsten war es meiner Meinung nach in Laas und Eyrs. Der Verkehr war um diese Zeit erträglich. In Richtung Reschen musste ich einen LKW überholen und zurück, auch einen. Unsere italienischen Gäste fuhren wie immer in Vierer – bis Sechsergruppen. Auf dem kleinen See wurde Eis gelaufen. Auf dem großen- habe ich nichts bemerkt. Das Eis ist ein sehr gutes Spiegeleis. Oben ging ein recht frischer Wind aus der Richtung Inntal.
Ein paar Handyfotos hab ich gemacht.
Die Liebesbriefe überfliegt er kurz. Dabei findet er Namen von Frauen und Freundinnen. Einheimische sind dabei. Toni staunt und erzählt es Monika. Monika fängt sofort an, weiter zu lesen. Marco sagt, die Spurensicherung hätte über zwanzig verschiedene Fingerabdrücke und Genspuren, allein an diesen Artefakten sicher gestellt.
„Ich hatte schon vermutet, dass es lustig wird“, sagt Toni.
„Wir müssen zuerst die anderen Hotels ermitteln“, antwortet Marco. Die Drei stellen die ersten Anfragen an die verschiedenen Büros zusammen.
Der Arbeitstag ist schnell zu Ende gegangen. Die Drei wollen heute Pizza essen gehen.
„Am besten, wir gehen gleich in Rabland gegenüber der Aschbachbahn einkehren“, sagt Toni. Gared, der Pizzaiolo, bäckt eine hervorragende Pizza.
Nach dem Abschied fahren die Zwei wieder auf ihre Hütte. Es ist etwas frisch. Toni stellt tagsüber einen Elektroheizer an. Der ist mit einem Temperaturfühler. Wahrscheinlich ist das Gerät kaputt gegangen. Ersatz hat er bereits da. Vielleicht kann er das Gerät bauen. Er stellt den Heizlüfter in seine Werkstatt.
Monika möchte auch den Tauchsieder im Duschwasser anstellen. „Das geht nicht zusammen“, sagt Toni. „Ich habe den Vertrag über drei Kilowatt.“
„Dann können wir erst morgen duschen. Heute wird sich kalt gewaschen“, sagt Monika.
„Ich habe die Induktionsplatte. Auf der können wir kurz die Schüssel mit dem Waschwasser erwärmen.“
Monika ist begeistert. Toni hat also doch warmes Wasser.
Am Morgen duschen die Zwei. Toni macht das eigentlich nicht gern. Wegen dem Schweißfuß. Als Ausnahme geht das.
Ins Büro fahren sie zusammen. Mit dem Motorrad.
Marco wartet schon. Er hat einen Diebstahl mit aufzuklären. Der Diebstahl wurde heute von Hotelgästen angezeigt. Zufällig müssen Toni und Monika auch in das Hotel. Darek hat dort gearbeitet. Dort stehen ein paar Erkundungen an.
Sie fahren gemeinsam auf den Reschen.
Die Apfelbauern sind noch voll bei der Ernte. Andere sind schon bei der Nachbereitung. Überall stehen grüne, große Paletten voll mit Äpfeln. Mit kleinen Traktoren fahren die Bauern die Kisten ähnelnden Paletten zusammen. Aller paar Kilometer kommt ihnen ein Lastwagen entgegen, auf dem diese Kisten voller Äpfel stehen.
Kaum sind sie aus Mals raus, werden sie von einem recht frischen Wind empfangen. Monika zieht den Kragen zusammen. Kurz darauf kommen sie in St. Valentin an. Im Ort herrscht relative Stille. Sie sehen wenig Touristen.
Bis nach Graun, wo sie hin müssen, sind es nur wenige Kilometer. Kaum sind sie am Hotel St. Joseph angekommen, werden sie schon vom Portier erwartet.
Fortsetzung folgt
Ergänzung der Ausfahrt zum Reschen 020621
Gerade gegenüber des Grenzübergangs nach Österreich, fand ich den sehr gut geführten Imbissbetrieb Bar Cafe Daniel. Neben frischer Pizza bietet die freundliche, fleißige Familie leckere Kleinigkeiten. Bei ruhigem Verkehr wird auch bedient.
Tag 65
Joana lässt mich wieder von allein aufwecken. Ohne Wecker. Wir haben nur einen Vorstellungstermin am Vormittag ausgemacht. Ich sehe keinen Zwang, da unbedingt um Acht anzureisen.
Zuerst gehe ich runter zu Marlies. Marlies lässt mir schon den Kaffee raus, ohne dass ich fragen musste. Sie schaut mich fragend an. Ich soll ihr bestimmt erzählen, wie es weiter geht mit meiner Arbeit. Also erzähle ich ihr es.
Den Betrieb, bei dem ich ich heute vorstelle, kennt sie. Persönlich. Das ist schon mal eine gewaltige Hilfe. Ich kann sie ausfragen. Sie gibt mir brauchbare Informationen. Vor allem über die Betriebsführung. Ich erwarte also nichts in meinem Spektrum. Grundsätzlich meide ich Schicki-Micki. In meinen Augen ist das Aufschneiden mit Dingen, die man nicht hat aber vorgibt, zu haben. In der Gastronomie ist das eine Methode, mit übertriebener Garnitur zu versuchen, billigen oder künstlich überteuerten, Importierten Kram an den Mann zu bringen. In meinen Augen ist das keine Küche. Wo man versucht, ein Essen wie eine leblose Skulptur anzurichten, achtet man den Rohstoff und seinen besonderen Charakter nicht.
Ich bin ein Anhänger der natürlichen Darstellung eines Lebensmittels. Also, das ganze Gegenteil von den Schnitzereien und Formen.
Ich verabschiede mich von Marlies. Sie wünscht mir Glück. Ich frage mich warum.
Die Anfahrt nach Burgeis in den Ort ist schon ein kleines Abenteuer. Wegen dem Gegenverkehr und der sehr schmalen Straße. Ich bereue, nicht den leichteren Weg genommen zu haben. Ich komme an einem sehr schönen Kloster vorbei. Das Marienberg war ein Männerkloster. Irgendwie muss ich bei dem Gedanken daran lachen. Ein Männerhaus in Südtirol. Leider ist das geschlossen. Das bräuchte es heute dringend. Naja. Dafür hat Südtirol wenigstens genug Kneipen.
Ab hier wird die Auffahrt zum Glücksspiel. Geräumt ist relativ gut. Aber es rutscht gewaltig. Bei etwas Gegenverkehr kann ich schon in Bedrängnis kommen.
Am Hotel angekommen, suche ich erst mal den Eingang. Eine Rezeptionistin empfängt mich mit der typisch – Südtiroler aufgesetzten Freundlichkeit. Ich komme mir im Trainingsanzug ziemlich fehl am Platz vor. Wobei ich eigentlich nur Leuten in protziger Skikleidung begegne. Die Rezeptionistin hat schon den Hausmann los geschickt, um Bescheid zu geben, dass ich da bin. Und schau. Kaum bin ich in einer Art Vorzimmer, kommt mir der Chef des Hauses entgegen. Freundlich, sehr freundlich und einladend. Er fragt mich gleich, ob ich Etwas trinken möchte.
„Einen Verlängerten oder Capuccino hätte ich gern. Es darf auch ein Filterkaffee vom Frühstück sein.“ Am liebsten teste ich den Frühstückskaffee, um zu überprüfen, ob die Bewerter des Hotels lügen. Zumindest kann ich so deren Geschmack und ihre Aussagen über Geschmack beurteilen. In den meisten Fällen bekomme ich die Geschmacksmuster der Beurteiler bestätigt. Wer keinen Wert auf ein ausgezeichnetes Getränk legt, nimmt es sicher mit dem Essen nicht so genau.
Der junge Chef gibt mir tatsächlich einen Frühstückskaffee, den mir eine einheimische Kellnerin bringt. Wenn sie den Kaffee gefiltert hat, kann ich mir gut den Hausstand vorstellen. Der Frühstückskaffee ist grässlich. Ich überlege, ob die junge Frau nicht die Teekanne oder den Hauskaffee erwischt hat. Für Tee ist es jedenfalls, braun genug. Ich muss an einen Gaststättenwitz denken, in dem ein Ober vom Gast gefragt wird, was er gerade gebracht hat.
Der junge Chef sucht einen Chefkoch. Ich schätze, er möchte sich eher um die geschäftlichen Dinge kümmern oder zumindest, genug Zeit dafür haben. Das Anliegen ist angesichts der Hotelgröße angebracht. Trotzdem befürchte ich dabei schwere Reibereien. Und genau die möchte ich in meinem Alter nicht mehr haben. Ich frage den Chef, ob er mir Karten, Menüs und Tagesangebote zeigen kann. Er hat das geahnt. All die geforderten Sachen hat er unterm Arm. Wir schauen uns das an; auch Fotos. Das gefällt mir. Ein Küchenchef zeigt mit Fotos, wie er gern die Teller und Platten angerichtet hätte. Das ist keine Vorgabe, die ich getreu umsetzen soll. Das ist nur die Art des Anrichtens, die er mir zeigen möchte.
Ich erzähle ihm von meiner Einstellung und von meiner Schule. Als Kollege begreift er sofort, dass das nicht mein Weg ist. Aber er kämpft. Er lobt mich wegen meiner Erfahrung und fragt, ob ich es nicht versuchen möchte. Im Betrieb sind ausreichend Kollegen. Ich müsste körperlich nicht leiden und könnte den übertriebenen Garniturkram an meine Kollegen delegieren. Sein Lohnangebot ist verlockend. Jetzt stünde nur die Frage des Arbeitsweges, des geteilten Tages und des Personalzimmers. So lange Joana in der Nähe ist, wäre das ja erträglich. Der Dienst von Acht bis Zwei und von Fünf bis Zehn, wäre praktisch ein Vierzehn-Stunden-Dienst. Dazu müsste ich die Hin- und Heimfahrt rechnen. Im Vinschgau. Unter einer Stunde pro Weg, wäre da Nichts möglich. Vielleicht ginge mit dem Motorrad. Jede Stelle erfordert auch etwas langfristige Planungen. Im günstigsten Fall, wäre ich also sechzehn Stunden pro Tag in Sechs-Tage-Woche unterwegs. Ich muss jetzt wirklich abwägen, was mir mein Leben wert ist.
„Ich muss mir das mit meiner Frau zusammen überlegen.“
„Was ist Deine Frau von Beruf?“
„Zimmermädchen.“
„Zimmermädchen brauchen wir schon auch.“
Das ist eigentlich ein faires Angebot, was uns zumindest den täglichen Arbeitsweg ersparen würde.
Bleibt eigentlich nur die Art der Küche. Also, eine Arbeit ohne Spaß in einem Haus, in dem jedes Familienmitglied mein Chef ist.
Jetzt frage ich den Chef, wann er denn die Einstellung vorsieht.
„Im Frühjahr.“
Sprich, nicht jetzt.
Ich unterrichte ihn von meinen anderen Bewerbungen. Das schien ihm egal. Er überlässt mir die Entscheidung. Wir verabschieden uns.
Ich gehe zum Auto und versuche, vom Parkplatz zu kommen. Das versuchen auch einige andere Fahrer. Davon sind reichlich Italiener. Es braucht etwa zwanzig Minuten, ehe ich wegkomme. Ich lass mir absichtlich auch Zeit in der Befürchtung, am Berg auf Probleme zu stoßen.
Die Heimfahrt in Richtung Nauders läuft ohne Behinderungen trotz reichlich Verkehr. Irgendwie scheinen jetzt die besseren Autofahrer unterwegs zu sein.
Dursun steht vor dem Hotel. Er lacht als er mich sieht.
„Haste Oarbeit?“
Das ganze Haus scheint Bescheid zu wissen. Mich freut, Hauptthema bei den Personalgesprächen zu sein. Ich bin gerade pünktlich zum Personalessen.
Reka, die sehr schöne Rezeptionistin, begrüßt mich, als wolle sie mich heiraten. Ausgeruhte Männer sind wahrscheinlich gefragt heute. Das überlasse ich aber Marco. Der ist dafür zuständig.
Marco hat ein feines Streifenfĺeisch gekocht. Nur das Beste. Ich sehe ein paar Steinpilze drinnen.
Wir reden glaub ich, fast ausschließlich von meiner Bewerbung. Die Kollegen horchen mich aus. Das ist, an sich, recht nützlich in unserem Beruf. Auf die Art erfahren die Kollegen untereinander, welche Betriebe empfehlenswert sind und welche nicht.
Marco hat mir noch ein Stück von dem Schokokuchen aufgehoben. Wir sagen Schokokuchen. In Österreich nennt der sich Sacher. Richtig gebacken und feucht gehalten, ein Hochgenuss.
Joana redet von ihrem Feierabend. Sie ist fast fertig. Aber, Ski fahren wollen wir heute nicht mehr. Ruhe ist angesagt.
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